# taz.de -- Plädoyer im NSU-Prozess in München: Der Käs' ist nicht gegessen | |
> Im NSU-Prozess stellt die Bundesanwaltschaft den Angeklagten hohe | |
> Haftstrafen in Aussicht. Zschäpe droht Sicherungsverwahrung. | |
Bild: Die Bundesanwaltschaft sieht sie als gleichwertigen Teil des Terrortrios:… | |
MÜNCHEN taz | Die Urteile im NSU-Prozess könnten happig werden. Die | |
Bundesanwaltschaft bekräftigte am Freitag, dass Beate Zschäpe voll schuldig | |
für alle zehn Morde, zwei Anschläge und 15 Raubüberfälle des NSU sei. Damit | |
sei auch die Voraussetzung für eine Sicherungsverwahrung der | |
Hauptangeklagten erfüllt. | |
Nach sieben Tagen Plädoyer im NSU-Prozess nähert sich die | |
Bundesanwaltschaft nun dem Ende – und nahm am Freitag die rechtliche | |
Würdigung ihrer Ausführungen vor. Zschäpe sei gleichwertiges Drittel eines | |
„verschworenen Triumvirats“ gewesen, stellte Oberstaatsanwältin Anette | |
Greger nochmals klar. Sie habe die Logistik der Gruppe getragen und alle | |
Taten mitgewollt. Damit müsse sie sich auch für zehnfachen Mord | |
verantworten – auch wenn sie an keinem Tatort gesehen wurde. | |
Dazu komme für Zschäpe für den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße | |
32-facher versuchter Mord hinzu. Beim zweiten Anschlag in der Kölner | |
Probsteigasse ist es ein versuchter Mord. Das gleiche Delikt werfen die | |
Ankläger in zwei Fällen auch bei Banküberfälle vor, bei den Uwe Böhnhardt | |
oder Uwe Mundlos auf Personen schossen. Und: Zschäpe höchstpersönlich habe | |
einen versuchten Mord begangen, als sie am 4. November 2011 – nach dem | |
Selbstmord ihrer beiden Begleiter – den Unterschlupf in Zwickau anzündete | |
und damit eine betagte Nachbarin in Lebensgefahr brachte. | |
Dass die Bundesanwaltschaft bei Zschäpe nun für eine lebenslange Haftstrafe | |
mit besonderer Schwere der Schuld plädieren wird, ist höchstwahrscheinlich. | |
Die von den Anklägern ebenfalls für möglich erklärte Sicherungsverwahrung | |
könnte bedeuten, dass Zschäpe für viele, viele Jahre hinter Gitter | |
verschwinden wird – wenn die Richter der Bundesanwaltschaft folgen. Das | |
konkret geforderte Strafmaß wollen die Ankläger erst am 12. September, dem | |
nächsten Prozesstag, verkünden. | |
Auch alle vier Mitangeklagten bezeichnete die Bundesanwaltschaft am Freitag | |
als voll schuldig. Die als Waffenbeschaffer angeklagten Ralf Wohlleben und | |
Carsten S. müssten sich der Beihilfe zu neunfachem Mord verantworten – mit | |
der von ihnen besorgten Ceska erschoss der NSU neun Migranten. | |
Bei André E. stuften die Ankläger die Vorwürfe aus der Anklage 2013 noch | |
hoch: Dass dieser dem Trio zwei Wohnmobile für Banküberfälle anmietete, sei | |
nicht Beihilfe zu einfachem Raub, sondern Beihilfe zu besonders schwerem | |
Raub. Und zwar, weil E. von den Pistolen gewusst habe, die Mundlos und | |
Böhnhardt beim Überfall einsetzten. Dass ein weiteres von dem 37-Jährigen | |
angemietetes Wohnmobil für den Anschlag in der Probsteigasse eingesetzt | |
wurde, sei Beihilfe zum versuchten Mord. | |
Holger G. schließlich, der dem Trio Papiere überließ, eine Waffe | |
überbrachte und Geld für sie verwahrte, wirft die Bundesanwaltschaft die | |
Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. An ihn hatte sich | |
Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten zuvor schon direkt gewandt: Wenn G. nach | |
seiner Entlassung aus der U-Haft 2012 gedacht habe, „der Käs' ist | |
gegessen“, dann liege er falsch. Der 43-Jährige habe – anders als von ihm | |
behauptet – sehr wohl wissen müssen, dass seine Hilfe für die | |
Untergetauchten schwerste Gewalttaten ermöglichen würde. Bald nun wird | |
Holger G. auch wissen, für wie viel Jahre er dafür ins Gefängnis wandern | |
soll. | |
1 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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