# taz.de -- Abfallentsorgung in Westafrika: Es stinkt erbärmlich | |
> Gambias größte Mülldeponie liegt mitten in einem Wohnviertel. In der Nähe | |
> versucht ein Projekt mit deutscher Hilfe, Abfälle zu verwerten. | |
Bild: Ist noch etwas Verwertbares im Müll? Müllsammler hoffen darauf | |
BANJUL taz | Das blaue Schild des SOS-Kinderdorfs in Bakoteh, einem Viertel | |
im Großraum der gambischen Hauptstadt Banjul, sieht man schon von Weitem. | |
100 Kinder leben hier in Familien. Knapp 2.000 weitere besuchen hier den | |
Kindergarten und Schulen. Doch es stinkt erbärmlich. | |
Auf dem Weg dorthin kommen viele Mädchen und Jungen täglich an Gambias | |
größter Müllhalde vorbei, die auf der anderen Straßenseite liegt. Schon aus | |
der Ferne sind die Müllberge zu sehen. Je näher man kommt, desto | |
unerträglicher wird der Geruch. Ein Zaun soll das Gelände zwar absperren, | |
doch viele nehmen den Weg über die Halde als Abkürzung. | |
Einer, der die Deponie regelmäßig besucht, ist Oladele Oyelakin. Er ist | |
Dozent an der Universität von Gambia und hat unter anderem den Kurs | |
Umweltchemie auf dem Lehrplan. „Es ist die schlimmste im ganzen Land“, | |
bewertet er die Deponie. Oyelakin sorgt sich nicht nur um die Schüler, | |
sondern auch um die Krankenstation, die ebenfalls zum Kinderdorf-Komplex | |
gehört: „Die Qualität der Luft ist besorgniserregend.“ Auch das Wasser aus | |
den Brunnen in der Umgebung ist verschmutzt. | |
Das gibt sogar die Regierung zu. Edrisa Njie ist in der Kommune Kanifing, | |
in der auch Bakoteh liegt, für die Abfallentsorgung zuständig. Über die | |
Menschen in der Nähe der Deponie sagt er: „Natürlich sind sie gefährdet.“ | |
Dabei wurden umgerechnet knapp 27.000 Euro für ein besseres Management | |
zugesagt. Doch geändert hat sich nichts. Der Müll liegt weiterhin offen | |
herum. Ein paar Rinder suchen nach Futter. Müllsammler hoffen, zwischen den | |
Abfällen doch noch Verwertbares zu finden. Kinder laufen in Flipflops über | |
das Gelände. | |
## Marktplätze von Müllbergen befreien | |
Die Halde ist nur eine gute Viertelstunde von der Müllsammelstelle in | |
Sukuta entfernt. Zwei riesige Container in Blau und Grün stehen dort auf | |
dem Gelände. Damit Abfälle nicht auf die Straße geworfen werden, können | |
Anwohner sie hier kostenfrei abgeben. Zuständig für das Projekt ist die | |
private Dresden-Banjul-Organisation (DBO), die sich vor knapp zehn Jahren | |
gegründet hat. | |
Am Anfang stand die spontane Aktion, Marktplätze von Müllbergen zu | |
befreien. Es folgte der Kauf von zwei Lastwagen, die nun jeden Tag die | |
Sammelstelle sowie Marktplätze im Großraum Banjul anfahren und den Unrat | |
abtransportieren. Somit sollen neue wilde Müllkippen vermieden werden. | |
Doch es soll nicht dabei bleiben. „Es kann nicht sein, dass wir den Müll | |
nur von A nach B fahren. Erster Schritt ist nun, den organischen Abfall | |
direkt herauszusortieren“, sagt Martin Eller, der aus der Nähe von | |
Stuttgart kommt. Sortieren klappt bislang nicht immer. Aber Trennen ist | |
wichtig für die weitere Verwertung. | |
Eller wird das Projekt ein Jahr lang begleiten und dafür sorgen, dass die | |
organischen Abfälle zu Kompost für Bauern oder Gärtner werden. Dafür hat | |
die Regierung im April eine Fläche von 10.000 Quadratmetern zur Verfügung | |
gestellt. „Der Bedarf ist riesig“, sagt Eller. 70 Prozent der Einwohner | |
Gambias arbeiten in der Landwirtschaft. | |
Für Oladele Oyelakin fehlt es im Land an Umweltbewusstsein. „Früher gab es | |
ein Gesetz, das verhindern sollte, dass Abfälle einfach auf der Straße | |
landen“, sagt der Chemiker. „Doch heute kümmert sich niemand mehr darum. | |
Leute lassen ihren Müll beispielsweise im Taxi und hoffen, dass der Fahrer | |
ihn am Ende des Tages entsorgt. Doch der schmeißt ihn auch nur | |
irgendwohin.“ | |
2 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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