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# taz.de -- Petition der Woche: Ein Herz für Lars
> Eisbär Lars, der Vater von Knut, leidet im Aalborger Zoo. Die
> Lebensbedingungen machten ihn krank, so der Vorwurf. Der Zoo weist das
> zurück.
Bild: Lars gilt als verhaltensgestört. Ob daran der Aalborger Zoo schuld ist, …
Es ist eine Szene, die Tierfreunden das Herz bricht: Eisbär Lars steht vor
einer Fensterwand, dahinter einige Besucher des Zoos. Ohne Grund wackelt
Lars eine Minute lang mit seinem Kopf, immer wieder, wie in Trance. So hat
es eine Webcam des Zoos in Aalborg, Dänemark, aufgenommen, man kann das auf
YouTube ansehen. Es gibt viele Aufnahmen, die zeigen: Mit Lars stimmt etwas
nicht. Eine Petition setzt sich deshalb dafür ein, den Bären aus dem
Aalborger Zoo herauszuholen. Die Lebensbedingungen machten ihn krank, so
der Vorwurf.
Lars ist mit einem Alter von 23 Jahren inzwischen ein echter Senior, in
freier Wildbahn erreichen nur die wenigsten Eisbären das 20. Lebensjahr.
Petra Bente hat ihn aber schon im Alter von vier Monaten kennen gelernt.
„Dieses kleine Flauschbündel hat mich von Anfang an fasziniert“, erinnert
sich die 56-jährige Bochumerin. Ihre erste Begegnung hatte sie am Rande
einer Dienstreise in München. Dort verbrachte Lars die ersten Jahre seines
Lebens.
Doch schnell begann für ihn eine Reise quer durch Deutschland: Bremerhaven,
Münster, Neumünster, Berlin, Wuppertal, Rostock und nun Aalborg. Die
längste Zeit verbrachte er von 1999 bis 2009 in Berlin, wo er als Vater des
Medienstars Knut selbst zu einer kleinen Berühmtheit wurde. Bente besuchte
Lars in vielen seiner Zoos und lernte ihn immer besser kennen. „Er ist ein
freundlicher und ruhiger Vertreter seiner Art“, meint sie.
Umso trauriger macht es sie, Lars jetzt in Aalborg zu sehen. Sein Verhalten
sei ein klares Zeichen für eine psychische Störung. „In Deutschland war
davon noch nichts zu sehen“, sagt Bente. Ihr Vorwurf: Das Tier werde zu
wenig beschäftigt. Und: „Der Zoo hält Lars die meiste Zeit in einer Anlage,
die für Muttertiere und ihre Babys gedacht ist. Dort hat er keine
Möglichkeit, zu schwimmen.“ Ihre Kritik hat Bente – gemeinsam mit ihrer
Bekannten Elke Frank – in einer [1][Petition] zusammengefasst, die auf
change.org unterzeichnet werden kann. Über 19.000 Menschen haben das
bereits getan.
## Eisbärenbabys als Besuchermagnet
Im Aalborger Zoo kann man die Vorwürfe nicht verstehen. Rikke Kruse Nielsen
ist als Chefzoologin für die Haltung der Tiere verantwortlich. Sie stimmt
Bente lediglich in einem Punkt zu: „Lars zeigt stereotypes Verhalten.“ So
bezeichnen Mediziner eine Verhaltensstörung, bei der Tiere eine gleiche
Handlung ohne ersichtlichen Grund ständig wiederholen. „Das hat aber eine
lange Geschichte und ist nicht erst bei uns aufgetreten“, erklärt Nielsen.
Überhaupt werde Lars von den Tierpflegern gut behandelt. „Wir trainieren
täglich mit ihm und versuchen, ihm Abwechslung zu bieten“, sagt Nielsen. So
würden Steine immer wieder mit Fett bestrichen. „Das können die Besucher
nicht sehen, macht den Tieren mit ihrem guten Geruchssinn aber viel Spaß.“
Auch für einen regelmäßigen Wechsel zwischen dem Außengehege und dem
kleineren Innenbereich sei gesorgt.
Bei Nielsen und Bente steht Aussage gegen Aussage. Klarheit könnte wohl nur
ein Gesundheitscheck eines unabhängigen Veterinärs bringen. Dies ist eine
der zentralen Forderungen der Petition. Auch der häufige Transport wird in
der Petition als Ursache für die psychische Störung von Lars angeführt.
Auch wenn die jüngste Reise nach Dänemark auf Umbauarbeiten im Rostocker
Zoo zurück geht, treibt etwas anderes den ständigen Austausch der Tiere an.
In der Hoffnung auf Nachwuchs bringt das Europäische
Erhaltungszuchtprogramm immer wieder Tiere mit einer vielversprechenden
Genkombination zusammen. „Die Zoos züchten drauf los und wissen nicht,
wohin mit all den Jungtieren“, kritisiert Bente. Obwohl Zoologen immer das
Ziel der Arterhaltung betonen, sieht sie auch geschäftliche Interessen.
„Die Leute rennen in die Zoos, weil die Eisbärenbabys so niedlich sind“,
sagt Bente.
Nielsen verteidigt den Austausch der Eisbären innerhalb von Europa: „Der
Klimawandel bedroht den Lebensraum der Eisbären. Das wollen wir in das
Bewusstsein der Besucher rücken.“ Mit der Zucht wolle man die Population
erhalten, insbesondere, weil die Zahl der Eisbären in freier Wildnis in
naher Zukunft immer weiter zurückgehen könnte.
9 Sep 2017
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/eisb%C3%A4r-lars-muss-sofort-umziehen-polar-bear-l…
## AUTOREN
Björn Struß
## TAGS
Zoo
Eisbären
Weihnachten
Petition
Schwerpunkt taz Leipzig
Wildtiere
Einwanderung
Zoo Berlin
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