# taz.de -- Wahl in Norwegen: Erna Solberg hat die Nase vorn | |
> Am Montag wird in Norwegen gewählt. Lange sah es nach einem Sieg der | |
> Sozialdemokraten aus, aber ihr Vorsprung ist nun weg. | |
Bild: Die Norweger im Blick: Knapp die Hälfte aller WählerInnen will Erna Sol… | |
STOCKHOLM taz | Seit Ende 2016 sagten alle Umfragen einen Regierungswechsel | |
voraus. Doch als der Wahlkampf im August Fahrt aufnahm, schmolz der | |
Vorsprung der Opposition dahin. Die NorwegerInnen wählen am Montag. Laut | |
Umfragen wollen 46,3 Prozent Ministerpräsidentin Erna Solberg behalten. | |
Oppositionsführer Jonas Gahr Støre kommt dagegen nur auf 39 Prozent. Seine | |
sozialdemokratische Arbeiterpartei könnte erstmals seit 1924 die Position | |
als stärkste Partei an Solbergs konservative Høyre verlieren. | |
Gelaufen ist die Wahl aber noch nicht. Ein Viertel der WählerInnen ist | |
unsicher. Und zur Bildung einer Mehrheitsregierung ist nicht allein | |
entscheidend, wie diese beiden größten Parteien abschneiden. Mit einem | |
Stimmenanteil von jeweils um die 25 Prozent und weil eine große Koalition | |
undenkbar ist, bräuchten beide jeweils mehrere Koalitionspartner. | |
Vor vier Jahren hatte sich Solberg die Fortschrittspartei mit ins Boot | |
geholt, womit erstmals in Skandinavien Rechtspopulisten | |
Regierungsverantwortung übernahmen. Zumindest in der ersten Hälfte der | |
Legislaturperiode konnte sie dann nicht liefern, was ihre Anhänger sich | |
versprochen hatten: Ein Drittel der Wähler wandte sich ab. Dann kam das | |
Flüchtlingsthema. Sylvi Listhaug, Scharfmacherin der Partei und | |
Einwanderungsministerin, machte die Asylpolitik zu einer der restriktivsten | |
in Europa. | |
Obwohl Flüchtlinge in Norwegen eigentlich kein Thema mehr sind, schafften | |
Listhaug und ihre Partei, sie im Wahlkampf wieder auf die Agenda zu setzen. | |
Asylsuchende wurden als Bedrohung des Sozialstaats und „norwegischer Werte“ | |
gebrandmarkt. Die Partei will abgelehnte Asylbewerber und Flüchtlinge ohne | |
Papiere künftig in „geschlossene Anstalten“ einweisen. Die | |
Menschenrechtskonvention hätte hinter Norwegens „Sicherheit“ | |
zurückzustehen. | |
## Möglichkeit zu rot-grün verspielt? | |
Mit solch ausländerfeindlicher Hetze könnte die Partei zwar wie 2013 auf 15 | |
bis 17 Prozent kommen, aber eine Koalitionsbildung erschweren. Denn von der | |
Fortschrittspartei sind Christdemokraten und liberale Venstre, die der | |
Regierung Solberg bisher zu Mehrheiten verhalfen, zunehmend irritiert. 76 | |
und 83 Prozent der WählerInnen dieser Parteien wollen keine Zusammenarbeit | |
mehr. Das erhöht die Chance der Sozialdemokraten, beide Parteien zu sich | |
herüberzuziehen. | |
Parteichef Gahr Støre lenkte die Arbeiterpartei seit 2014 nach rechts. Doch | |
damit habe er die Möglickkeit „einer rot-grünen Zusammenarbeit“ verspielt, | |
analysierte das parteinahe Hamar Arbeiderblad jetzt die Gründe für den | |
Absturz der Partei, die 2011 noch bei 35 Prozent gelegen hatte. | |
Vor allem urbane WählerInnen verabschiedeten sich zu den sozialistischen | |
Parteien (Rødt und Sosialistisk Venstreparti) oder zur grünen Miljøpartiet | |
hin, die erstmals die Vierprozenthürde nehmen dürfte. Waren die | |
Sozialdemokraten in Oslo 2013 noch doppelt so stark wie die drei zusammen, | |
wurden sie inzwischen von denen überholt. Bisher konnte sich Gahr Støre mit | |
Rot-Grün nicht anfreunden. Doch könnte sich eine sozialdemokratische | |
Minderheitsregierung auf diese Parteien oder eine aus der Mitte stützen. | |
Sonst drohen vier weitere Jahre mit Solberg. | |
10 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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