| # taz.de -- Nach der Gewalt in Charlottesville: US-Aktivist outet Neonazis | |
| > Im Netz werden Fotos von wütenden jungen Männern verbreitet – mit zum | |
| > Teil harten Konsequenzen für die Fotografierten. | |
| Bild: Mit Feuer gegen das Hakenkreuz: Demo gegen Rassismus am Montag in Minneap… | |
| New York taz | Die Großaufnahmen von wütenden jungen Männern mit | |
| Nazi-Symbolen, zum Hitlergruß erhobenen Händen und brennenden Fackeln, die | |
| eine kleine Stadt in Virginia in Angst und Schrecken versetzten, sind durch | |
| die Medien der Welt gegangen. Aber auf dem Twitterprofil | |
| [1][@YesYoureRacist] haben sie zu Konsequenzen im Leben der Fackelträger | |
| geführt. Der Aktivist Logan Smith, der hinter dem Profil steht, hat sich | |
| darauf spezialisiert, Nazis und andere Rassisten öffentlich zu outen. | |
| „Doxxing“ heißt das. „Gebt mir ihre Namen und ich mache sie berühmt“, | |
| lautet sein Slogan. | |
| Seit dem Unite-the-Right-Aufmarsch ist die Zahl seiner Follower von 60.000 | |
| auf fast 400.000 in die Höhe geschnellt. Mehrfach täglich veröffentlicht er | |
| jetzt Namen und Details über Männer, die in Charlottesville waren – oft | |
| verbunden mit ihren Telefonnummern und manchmal auch mit denen ihrer | |
| Arbeitgeber. Anschließend beginnen die Follower individuelle Kampagnen | |
| gegen die Fackelträger. Binnen vier Tagen haben sie so bereits Karrieren | |
| beendet und tiefe Keile in Familien getrieben. | |
| In North Dakota schrieb ein Vater [2][in einem öffentlichen Brief an die | |
| Zeitung The Forum]: „Mein Sohn ist nicht länger bei uns willkommen“. Er | |
| begründete seine öffentliche Zurückweisung mit den „niederträchtigen, | |
| hasserfüllten und rassistischen Worten und Taten“ seines jüngsten Kindes | |
| Peter Tefft. Und mit einer historischen Verpflichtung: das „Schweigen der | |
| anständigen Menschen“ habe den Aufstieg der Nazis in Deutschland | |
| ermöglicht. | |
| #YesYoureRacist hatte Peter Tefft als „dieser charmante Nazi“ beschrieben | |
| und einen Link zu einem Video gesetzt, in dem der 30-Jährige gegen Juden, | |
| Afroamerikaner und Frauen hetzt. Im Oktober will er in Fargo eine Konferenz | |
| über die „Bürgerrechte von Weißen“ organisieren. Sein Vater hofft immer | |
| noch, dass er auf den Pfad der Tugend zurückkehrt. Andernfalls, so schreibt | |
| er seinem Sohn, „musst Du auch unsere Körper in den Ofen schaufeln“. | |
| ## Blame and Shame | |
| Im nordwestlichen Bundesstaat Washington traf das Outing den Chef der | |
| College-Republikaner an der WSU-Universität. James Allsup musste von seiner | |
| Position an der Spitze der Republikaner zurücktreten, die Universität ging | |
| öffentlich auf Distanz von seinem Treiben und eine republikanische | |
| Kongressabgeordnete, die auf einem Gruppenbild mit ihm zu sehen ist, | |
| versicherte, dass sie ihn nicht kenne. In Charlottesville bentutzte Allsop | |
| das Wort „Pussies“ für Frauen und rief Gegendemonstranten zu: „Ihr | |
| verdammten Verlierer und Kommunisten. Verschwindet aus unserem Land“. | |
| In Nevada versuchte Peter Cvjetanovic eine Flucht nach vorn, nachdem er mit | |
| einem Bild geoutet wurde, das ihn mit weit aufgerissenem Mund und Fackel | |
| zeigt und nachdem eine Petition für seinen Ausschluss von der Universität | |
| Reno binnen weniger Stunden Tausende Unterschriften bekam. | |
| Cvjetanovic ging in den Fernsehsender KTVN und erklärte, er sei nicht der | |
| „wütende Rassist“, als der er auf dem Foto erscheint, sondern sorge sich | |
| lediglich um die Zukunft der „weißen, europäischen Kultur“ in den USA. | |
| Dieses „weiße Erbe“ wolle er retten. Der republikanische Senator aus | |
| Nevada, Dean Heller, mit dem sich Cvetanovic hatte fotografieren lassen, | |
| fühlte sich genötigt, [3][per Twitter den „empörenden Rassismus“ zu | |
| verurteilen] und versicherte, dass er „diese Person“ nicht kenne. | |
| Im kalifornischen Berkeley heftete der Fast-Food Laden „Top Dog“ bereits am | |
| Sonntag ein Schild an seine Fassade. Aufschrift: „Cole White arbeitet hier | |
| nicht mehr“. Kunden hatten Whites' Arbeitgeber gedrängt, ihn zu entlassen | |
| und hatten die Restaurant-Kritiken auf Yelp mit Kommentaren über den | |
| rassistischen Angestellten gefüllt. „Wir respektieren die Meinungen unserer | |
| Beschäftigten“, erklärte der Arbeitgeber, „aber sie müssen die | |
| Verantwortung für ihre Wahl übernehmen“. | |
| „Blame and Shame“ – rügen und beschämen – heißt die Taktik, mit der … | |
| Nazis gejagt werden. Den Vorwurf, er fordere zu Denunziationen auf, weist | |
| Gründer Smitz weit von sich. „Sie haben ihre Kapuzen abgezogen“, erklärte | |
| er im Fernsehsender CNN. „Sie wollen gesehen werden“. Sein eigenes | |
| Engagement begründet er damit, dass Weiße in den USA eine besondere | |
| Verantwortung hätten, gegen Rassismus vorzugehen. | |
| ## Tech-Unternehmen beugen sich dem Druck | |
| Doch in mindestens einem Fall traf sein Outing den Falschen. In Arkansas | |
| war Ingenieur-Lehrer Kyle Quinn beim Abendessen, während die Fackelträger | |
| durch das 1.600 Kilometer entfernte Charlottesville marschierten. | |
| Dummerweise sieht er einem der Fackelträger entfernt ähnlich und wurde als | |
| „Nazi“ geoutet. Direkt danach erhielten der Gouverneur von Arkansas und die | |
| Universität Aufrufe, den Ingenieurslehrer zu entlassen. Er selbst erhielt | |
| so massive Drohungen, dass er sich mit seiner Frau zu Freunden flüchtete. | |
| Während @YesYoureRacist sich auf individuelles Outing konzentriert, beugen | |
| sich zunehmend Tech-Unternehmen dem Druck von „Blame and Shame“ und den | |
| Aufrufen zum Boykott. So haben Anfang der Woche die Internet-Anbieter | |
| GoDaddy und Google die Neonazi-Webseite „The Daily Stormer“ | |
| herausgeschmissen. Sie führt seither ein Schattendasein – ohne Verlinkung | |
| und benutzerfreundliche Oberfläche. Airbnb hat Profile von Neonazis | |
| gelöscht. Und Facebook hat die Aufrufe zu Unite-the-Right verschwinden | |
| lassen. | |
| Doch am Dienstagabend geriet der Outer selbst in das Visier eines | |
| Tech-Unternehmens. Die Webseite Patreon, auf der Smith bislang Spenden | |
| sammelte, entfernte sein Profil. Nach langer Zeit hat sie entdeckt, dass | |
| sein Profil nicht ihren „Community-Regeln“ entspricht. | |
| 16 Aug 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/YesYoureRacist | |
| [2] http://www.inforum.com/opinion/letters/4311880-letter-family-denounces-teff… | |
| [3] https://twitter.com/SenDeanHeller/status/896547850573819904 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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