# taz.de -- Belgische Behörden und Eier-Skandal: Fipronil-Verdacht länger bek… | |
> Millionen Eier wurden vernichtet, verarbeitete Produkte werden | |
> zurückgerufen. Der Fipronil-Skandal verunsichert Verbraucher, schadet | |
> Landwirten und Händlern. | |
Bild: KonsumentInnen üben sich beim Eierkauf in Zurückhaltung | |
Berlin dpa | Die belgischen Behörden wussten schon Anfang Juni von einem | |
Fipronil-Verdachtsfall auf einem Hühnerhof. „Ein belgisches Unternehmen hat | |
uns gemeldet, dass es ein Problem mit Fipronil geben könnte“, sagte Katrien | |
Stragier, eine Sprecherin der belgischen Lebensmittelsicherheitsbehörde | |
FASNK, am Samstag. Die Behörde habe entschieden, den Verdacht nicht | |
öffentlich zu machen. „Das war, damit die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit | |
machen konnte.“ Diese ermittle wegen Betrugs. | |
EU-weit gemeldet hatten die belgischen Behörden erste Fipronil-Fälle erst | |
Wochen später am 20. Juli. Am 22. Juli wurde das Gift in den Niederlanden | |
in Eiern von sieben Betrieben nachgewiesen. In den Tagen darauf folgten | |
weitere Funde, auch vier deutsche Geflügelhöfe sowie eine Briefkastenfirma | |
wurden beliefert. | |
Fipronil ist ein unter anderem bei Hunden und Katzen erlaubtes Kontaktgift, | |
das gegen Hautparasiten wie Läuse, Milben und Flöhe wirkt. Die Anwendung | |
bei Tieren, die Lebensmittel liefern, ist in der EU verboten. In hohen | |
Dosen kann Fipronil für Menschen gefährlich sein. Wie genau es wirkt, ist | |
allerdings nicht bekannt. In Experimenten mit Ratten schädigte der Stoff | |
das Nervensystem und die Leber, hatte das Bundesinstitut für | |
Risikobewertung (BfR) erklärt. Vorerst gebe es aber keine Befunde mit einem | |
möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei. | |
Die belgische Behördensprecherin Stragier verteidigte die Entscheidung für | |
die späte Weitergabe des Verdachts. Man habe zunächst Informationen über | |
die Dimension des Problems sammeln müssen. Die ist inzwischen gewaltig: | |
Millionen mit Fipronil belastete Eier wurden in den vergangenen Tagen in | |
mehreren europäischen Ländern aus dem Verkehr gezogen. In Deutschland | |
nahmen Aldi Nord und Süd sämtliche Eier aus den Regalen. Inzwischen gibt es | |
zudem erste Rückrufe für Produkte mit verarbeiteten Eiern. Betroffen sind | |
Salatprodukte eines Lübecker Unternehmens. | |
## Fipronil an vielen Orten nachgewiesen | |
Deutschland habe wie alle anderen EU-Staaten am 20. Juli erste | |
Informationen erhalten, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian | |
Schmidt (CSU). Der Meldung zufolge habe es aber keinen Vertrieb in andere | |
Länder und auch nach Deutschland gegeben. Am 28. Juli hätten die | |
Niederlande dann abends über das EU-Schnellwarnsystem informiert, dass | |
belastete Eier nach Deutschland gelangt waren. | |
Der Minister wies Kritik an seinem Krisenmanagement zurück. „Die | |
Lebensmittelüberwachung ist Aufgabe der Bundesländer.“ Trotzdem habe sich | |
sein Ministerium unverzüglich eingeschaltet und befinde sich im engen | |
Austausch mit den Ländern. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt | |
hatte Schmidt vorgeworfen, tagelang in der Versenkung zu verschwinden, | |
während die Verbraucher verunsichert seien. Auch Ex-Agrarministerin Renate | |
Künast (Grüne) kritisierte, ihr Amtsnachfolger habe sich nach Bekanntwerden | |
des Problems erst einmal nicht gekümmert. „Obwohl sich das Land entgeistert | |
gefragt hat: Was machen eigentlich Läusebekämpfungsmittel in meinem Ei?“ | |
In fast allen Bundesländern wurde inzwischen Fipronil in Eiern | |
nachgewiesen. Auch Schweden und die Schweiz sind betroffen. Das für diesen | |
Zweck verbotene Insektengift war vor allem in den Niederlanden in | |
Legehennenbetrieben eingesetzt worden. Die giftige Substanz gelangte nach | |
derzeitigem Stand der Ermittlungen über das Reinigungsmittel Dega-16 in die | |
Ställe. Mutmaßlich hatte ein belgischer Hersteller Fipronil beigemischt. | |
## Gesperrte Betriebe in Niedersachsen | |
Auch wenn Experten bei den bisher nachgewiesenen Konzentrationen keine | |
großen Gesundheitsrisiken sehen – die Verbraucher reagieren auf den | |
Fipronil-Skandal: Bei Eiern sei mittlerweile „eine deutliche | |
Kaufzurückhaltung“ der Kunden zu beobachten, hieß es vom | |
Lebensmittelhändler Rewe. | |
Im Niedersachsen waren drei Legehennen-Betriebe gesperrt worden, weil die | |
Eier Fipronil enthielten. Die Landwirte hatten von einem niederländischen | |
Unternehmen das illegal gepanschte Reinigungsmittel bezogen. Auf den drei | |
Höfen werden zusammen etwa 100.000 Legehennen gehalten. Ein weiterer | |
gesperrter Betrieb in einem Nachbarkreis produziert keine Eier, sondern | |
zieht Junghennen auf – auch bei ihnen wurde das Gift nachgewiesen. Hinzu | |
kommt ein Verdachtsfall, der sich als Briefkastenfirma entpuppte. Nach | |
Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums vom Samstag | |
prüfen die Behörden noch, wer das Mittel dort abgeholt und benutzt hat. | |
Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte Schadenersatz für betroffene | |
Betriebe. Die Landwirte dürften nicht auf ihren Schäden sitzenbleiben, | |
sagte der stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling den Zeitungen | |
der Funke-Mediengruppe. Bei dem Fipronil-Einsatz handele es sich „um ein | |
klares Fehlverhalten eines Dienstleisters, der dieses Insektizid illegal | |
einem legalen Desinfektionsmittel untergemischt hat“. | |
5 Aug 2017 | |
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