# taz.de -- Folgen der ARD-Sendung „Die Eierlüge“: Das Gegenteil vom Feder… | |
> Missstände in Bio-Hühnerställen? Der Eier-Zertifizierer KAT wehrt sich | |
> gegen Vorwürfe der ARD. Doch das ist nicht der einzige Skandal. | |
Bild: Was war zuerst da: das Huhn oder der Skandal? | |
Berlin taz/rtr | Der Eier-Zertifizierer KAT hat die Tierschutz-Vorwürfe | |
gegen Bio- und Freilandbetriebe zurückgewiesen. In der [1][ARD-Sendung „Die | |
Eierlüge“] am vorherigen Montag waren Aufnahmen des Vereins Deutsches | |
Tierschutzbüro gezeigt worden, die Missstände in acht deutschen und | |
niederländischen Hühnerställen dokumentieren. Alle Höfe waren zum Zeitpunkt | |
der Aufnahmen vom Verein für kontrollierte alternative | |
Tierhaltungsformen (KAT) zertifiziert. | |
Die Bilder der Tierschützer zeigen zusammengepferchte Hühner in einem | |
konventionellen Freilandbetrieb, die auf völlig verdreckten Stangen sitzen, | |
dazwischen auch tote Tiere. In einem Freilandhof in den Niederlanden wurden | |
die Hennen nicht nach draußen gelassen, nach Aussage des Betreibers wegen | |
der Vogelgrippe – dabei sei die schon im April in den Niederlanden für | |
beendet erklärt worden. In einem Biobetrieb wurden Elektrokabel gefunden, | |
mit denen die Tiere offenbar am gesetzlich vorgeschriebenen Auslauf | |
gehindert werden sollten. Das wäre ein klarer Verstoß gegen die | |
EU-Öko-Richtlinien. | |
„Die erhobenen Vorwürfe konnten von uns in den in der Berichterstattung | |
gezeigten Betrieben anhand von bereits vor zwei Wochen durchgeführten | |
Sonderaudits nicht bestätigt werden“, teilte KAT der taz nun mit. | |
Der Vorsitzende des Tierschutzbüros, Jan Pfeifer, bezweifelt die | |
Glaubwürdigkeit der Kontrollen. „KAT ist ein Privatverein“, sagte Pfeifer | |
der taz. Man habe die Fälle deshalb an staatliche Behörden weitergeleitet, | |
sie würden jetzt vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und | |
Lebensmittelsicherheit sowie der staatlichen Tierschutzstelle in den | |
Niederlanden überprüft. | |
## Kaum noch Federn | |
Bei den Bio- und Freilandbetrieben, die in der ARD-Sendung gezeigt wurden, | |
handelt es sich um Großställe mit teilweise 35.000 und mehr Tieren. Laut | |
Öko-Verordnung sind zwar maximal 3.000 Legehennen pro Stall erlaubt, die | |
Vorschrift ist aber nach Meinung des Grünen-Bundestagsabgeordneten | |
Friedrich Ostendorff zu vage formuliert. Viele Großbetriebe umgehen sie, | |
indem sie mehrere Herden mit jeweils 3.000 Tieren durch Holzwände trennen | |
und in einem Gebäude halten. | |
Dass solche Großbetriebe wenig mit Bio-Idylle zu tun haben, ist nicht neu. | |
Die taz hatte schon vor einem Jahr berichtet, dass wegen der hohen Tierzahl | |
die Grasnarbe der Ausläufe schnell zerstört ist und deshalb Exkremente der | |
Hühner leichter ins Grundwasser gelangen können. | |
Der Lebensmittelhändler Aldi, der aus zwei der betroffenen Bio-Betriebe | |
beliefert wurde, nahm die Ware bis auf Weiteres aus dem Sortiment. Die | |
belgische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat nun erklärt, sie sei | |
bereits Anfang Juni von einer Firma informiert worden, die in Eiern erhöhte | |
Werte des Schädlingsbekämpfungsmittels Fipronil fand. [2][Millionen | |
belasteter Eier wurden auch nach Deutschland geliefert.] | |
## Bewusster Umgang mit den Tieren | |
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft kritisiert, dass die | |
ARD-Reportage verschiedene Haltungsformen durcheinandermische. Die | |
Filmaufnahmen zeigen nicht nur Bio-, sondern auch konventionelle Freiland- | |
und Bodenhaltungsställe, in denen die Zustände noch schlimmer sein sollen: | |
In der Sendung gezeigte Hühner hatten kaum noch Federn oder steckten in den | |
Metallgestellen der Ställe fest. Das Tierschutzbüro empfiehlt Verbrauchern | |
deshalb, gar keine Eier mehr zu essen. | |
Die Pressesprecherin des Bio-Verbands Demeter, Renée Herrnkind, findet | |
hingegen, Bio-Betriebe müssten differenzierter betrachtet werden. Szenarien | |
wie die in der ARD-Dokumentation verleiteten zu Pauschalurteilen, „man kann | |
es aber auch gut machen“, sagte Herrnkind der taz. Geflügelzucht dürfe | |
keine Massenproduktion sein, es bräuchte einen bewussten Umgang mit den | |
Tieren. So ein Bewusstsein gebe es in der von Demeter vertretenen | |
biodynamischen Landwirtschaft sehr wohl, sagte Herrnkind. | |
Immerhin besuchten die ARD-Reporter auch einen kleinen Biohof, der dem Bild | |
der bäuerlichen Tieridylle entspricht. Auf dem Hof Hasenkrug leben rund | |
5.000 Hennen, zum Picken auf frischen Grasflächen werden sie jeden Morgen | |
in einem mobilen Stall gefahren. Dafür kostet das Ei der mobilen Hühner im | |
Handel auch 35 Cent und nicht wie beim Discounter Aldi 26 Cent. | |
Update 08.08: In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass die in | |
dem bericht untersuchten Höfe vorübergehend von KAT gesperrt wurden. Die | |
Sperrung der Betriebe hing jedoch nach Aussagen von KAT nicht mit der | |
Berichterstattung des Deutschen Tierbüros zusammen, sondern damit, dass die | |
Höfe auf Fipronil-Betroffenheit geprüft wurden. | |
6 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Exclusiv-im-Ersten-Di… | |
[2] /Belgische-Behoerden-und-Eier-Skandal/!5438636 | |
## AUTOREN | |
Lucia Heisterkamp | |
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