Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Geht’s noch: Billiges Gedenken
> Bayern will an das Attentat auf israelische Sportler 1972 in München
> erinnern. Die Anreise eines Überlebenden soll aber möglichst
> kostengünstig sein.
Bild: Überraschung in Bayern: Überlebender will tatsächlich an Gedenken teil…
München, Olympiadorf, 5. September 1972. Elf Mitglieder der israelischen
Olympiamannschaft werden von palästinensischen Terroristen als Geiseln
genommen und später ermordet. Der Teamkollege Shaul Ladany kann aus der
Unterkunft fliehen und so dem Tod entgehen.
Gerade mal 45 Jahre später will die bayerische Staatsregierung einen Ort
des Gedenkens eröffnen. Der 81-jährige Ladany wird dazu erst nur auf eigene
Nachfrage eingeladen und erfährt schließlich knapp per Mail, dass er seine
Unterkunfts- und Reisekosten selbst tragen muss.
„Erst wusste ich gar nicht, dass es überhaupt einen Gedenkakt gibt. Ich
habe nur Gerüchte gehört und mich dann von mir aus ans bayerische
Kultusministerium gewandt. Ich denke fast täglich an das, was in München
passiert ist. Ich bin sauer“, sagte der ehemalige Profi-Leichtathlet jetzt
dem Bayerischen Rundfunk. Zu Recht – denn der Vorgang ist absolut
beschämend.
Da überlebt jemand als Kind im KZ Bergen-Belsen das Grauen der Deutschen
und entgeht knapp drei Jahrzehnte später in Deutschland einem antisemitisch
motivierten Attentat. Doch wenn der Überlebende zum Gedenken an seine
Freunde schon nach Deutschland zurückkehren will, soll er wohl wenigstens
seine Fahrtkosten selbst zahlen. Erst nach kritischen Medienberichten
erklärte das Kultusministerium großzügig, immerhin einen Teil der Reise zu
finanzieren. Natürlich nicht, ohne sich über Ladany zu beschweren. „Es gibt
keine vergleichbaren Wünsche anderer Eingeladener“, erklärte ein Sprecher.
Das Gedenken an tote Juden ist heute im Kontext der Aufarbeitung des
Nationalsozialismus ohnehin stark ritualisiert und dient oft eher der
Selbstvergewisserung, als Deutsche wieder gut geworden zu sein. Doch wer so
befremdlich mit den lebenden Juden umgeht, meint es offenbar mit dem
Gedenken an die toten nicht sonderlich ernst – denn ohne die noch lebenden
lässt es sich eben entspannter erinnern, dachte sich wohl die bayerische
Regierung.
Ein weiteres Mal zeigt sich, dass der Publizist Eike Geisel recht hatte,
als er von einer Vergangenheitsbewältigung sprach, bei der es nicht um
Juden geht, sondern um die Deutschen selbst, die sich Mahnmale hinstellen
und sich dafür auch noch feiern wollen.
26 Aug 2017
## AUTOREN
Frederik Schindler
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Holocaust
Attentat
Bergen-Belsen
Freistaat Bayern
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Israel
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umgang mit Terroropfern in Deutschland: „Ein Kampf wie David gegen Goliath“
Der Spediteur, dessen Lkw beim Breitscheidplatz-Anschlag zerstört wurde,
kritisiert die fehlende Unterstützung deutscher Behörden.
Gedenkstätte für Terroropfer in München: „Kein Interesse zu helfen“
Elf Olympioniken aus Israel starben bei der Geiselnahme durch
palästinensische Terroristen 1972. Eine Angehörige spricht über die
Gedenkstätte.
München 1972: Neue Details über Olympia-Attentat
Bei der Geiselnahme im Olympischen Dorf quälten die palästinensischen
Terroristen ihre israelischen Opfer grausam.
Streit um Gedenkstätte Olympia-Attentat: Kein Raum für Erinnerungen
Elf Tote forderte das Attentat auf die Olympischen Spiele 1972 in München.
Nun kämpfen Angehörige für einen Gedenkort, doch Anwohner stellen sich
quer.
Überlebender des Olympia-Attentats 1972: „Ich gab mir selbst die Schuld“
Elf israelische Sportler wurden bei den Olympischen Spielen 1972 von
palästinensischen Attentätern getötet. Dan Alon überlebte den Angriff.
Dokumentaroper über das Olympia-Attentat von 1972: Bitte vom Bahnsteig zurück…
Die Stadt München gab Andreas Ammer Geld für eine Dokumentaroper über den
"Schwarzen September" von 1972. Doch nun bremsen die Verkehrsbetriebe das
Projekt aus
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.