# taz.de -- Phoenix-Interview mit Angela Merkel: Dämpfer für die FDP | |
> Lieblingskoalition Schwarz-Gelb? Nö. Man führe keine | |
> Koalitionswahlkämpfe, sagt die Kanzlerin Merkel mit einem Seitenhieb. | |
Bild: Die Kanzlerin während der Aufzeichnung der Sendung „Forum Politik“ | |
Berlin taz | Die Kanzlerin lässt sich nicht aufs Glatteis locken. Ob sie | |
sich geirrt habe, als sie beim CDU-Parteitag im Dezember vorhersagte, | |
dieser Wahlkampf werde der schwierigste? „Nö“, antwortet Angela Merkel. | |
„Also ich muss alles geben.“ Soll ja keiner denken, Merkel halte die Sache | |
für geritzt. | |
Ihre Union liegt in Umfragen bei 40 Prozent, die SPD bei 24. Leicht kann | |
sich da eine gefährliche Siegesgewissheit einschleichen. Am Abend strahlte | |
Phoenix das erste Fernsehinterview der Kanzlerin nach ihrem Urlaub aus – | |
und bei der Aufzeichnung am Nachmittag in einem hellen Atrium der Deutschen | |
Bank in Berlin-Mitte setzte Merkel ein paar Punkte für die heiße | |
Wahlkampfphase. | |
So verurteilte sie zum Beispiel scharf den rechtsextremen Anschlag in der | |
US-amerikanischen Stadt Charlottesville, bei dem ein 20-jähriger | |
Rechtsextremer in eine Menschenmenge raste und eine junge Frau tötete. „Das | |
ist rassistische, rechtsextreme Gewalt.“ Dagegen müsse man mit aller Kraft | |
und Eindeutigkeit vorgehen, „egal, wo auf der Welt das passiert“. | |
Gleichzeitig vermied sie es, das peinliche Schweigen des US-Präsidenten zu | |
bewerten. Eine diplomatische Krise mit dem wichtigen Handelspartner liegt | |
nicht im Interesse der Kanzlerin. | |
Sie bekräftigte ihr Ziel, mehr Geld in Verteidigung und Rüstung zu stecken | |
– und verpasste ihrem Mitbewerber dann doch einen Seitenhieb. Die Große | |
Koalition habe sich „insgesamt“ beim Nato-Gipfel von Wales verpflichtet, | |
die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf den Richtwert von zwei Prozent des | |
Bruttoinlandsproduktes zuzubewegen, sagt Merkel. Das zielt auf die SPD: | |
Schulz warnt vor einer „Aufrüstungsspirale“ und will das 2-Prozent-Ziel | |
kippen. | |
## Lieber Außenpolitik | |
Was man innerhalb einer Legislaturperiode zugesagt habe, könne man nicht im | |
Wahlkampf rückgängig machen, sagt Merkel. Aber sie vermeidet jede | |
Formulierung, die als Festlegung verstanden werden könnte. Ob Deutschland | |
bis 2024 unter ihrer Regentschaft tatsächlich seinen Verteidigungsetat | |
verdoppeln oder sich nur ungefähr in diese Richtung bewegen würde, bleibt | |
offen. Und, das ist ihr wichtig: Das Geld werde nicht bei Sozialausgaben | |
gestrichen. Merkel setzt darauf, dass sich die wundersame Vermehrung der | |
Steuereinnahmen fortsetzt. | |
Am längsten spricht sie in der einstündigen Aufzeichnung über Außenpolitik. | |
So warb sie etwa wieder einmal für eine solidarische Flüchtlingsverteilung | |
in der EU. Einfach zu sagen, man habe nichts damit zu tun, um die | |
Flüchtlinge sollten sich Italien und Griechenland kümmern: „So geht es auch | |
nicht.“ Das kann man fast als Selbstkritik verstehen. Merkels frühere | |
Regierung vertrat genau diese Haltung. 2011 tönte CSU-Innenminister | |
Friedrich, Italien müsse sein Flüchtlingsproblem selbst regeln. | |
Merkel hat zum Schluss noch einen Dämpfer für die beschwingte FDP parat. | |
Anders als 2009 äußert sie keine Sympathie für ein schwarz-gelbes Bündnis | |
nach der Wahl. Wenn es einen natürlichen Partner gebe, dann sei es die CSU. | |
„Ansonsten führen wir keine Koalitionswahlkämpfe.“ | |
14 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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