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# taz.de -- Walesterben an der Ostküste Kanadas: Zehn tote Meeressäuger seit …
> An der kanadischen Ostküste wurden ungewöhnlich viele tote Wale gefunden.
> Die Zeichen deuten darauf hin, dass der Mensch daran schuld ist.
Bild: Die Atlantischen Nordkaper (Eubalaena glacialis) gelten als besonders gef…
VANCOUVER taz | Es war eine traurige Entdeckung – wieder einmal. Bei einem
Patrouillenflug entlang der Küste von Neufundland in der vergangenen Woche
orteten die Piloten der kanadischen Fischereibehörde den Kadaver eines
großen Wals. Verwest lag der tote Säuger an einem Strand auf ein paar
Felsbrocken im seichten Wasser. Angeschwemmt von den Wellen des
Nordatlantiks.
Der Fund ist der bisherige Höhepunkt eines tödlichen Sommers für die Wale
im Osten Kanadas. Seit Juni haben die Behörden in der Region zehn tote
Tiere aufgefunden. Sie gehören zu der als besonders gefährdet geltenden
Gattung der Atlantischen Nordkaper.
„Seit den Zeiten der kommerziellen Waljagd vor hundert Jahren haben wir
nicht mehr so viele Tiere in einem so kurzen Zeitraum verloren“, sagte
Moira Brown vom kanadischen Walinstitut dem Sender CBC. Nordkaper gelten
als eine der seltensten Walarten weltweit und stehen unter strengem Schutz.
Von Walfängern einst fast bis zur Ausrottung gejagt, sind von den
ursprünglich rund 100.000 Tieren laut Schätzungen nur noch 475 bis 525
Tiere geblieben. Die meisten leben nahe der Küste im westlichen Atlantik.
Im europäischen Atlantik dagegen gelten sie als ausgestorben.
Umso besorgter sind die Behörden nun in Kanada. Denn die Experten rätseln,
wie es zu der beispiellosen Häufung der Todesfälle – immerhin 2 Prozent der
gesamten Population innerhalb weniger Wochen – kommen konnte.
Wissenschaftler haben von einigen der Tiere Gewebeproben genommen, doch
eindeutige Ergebnisse werden wohl erst in ein paar Wochen vorliegen.
## Kollosion mit Schiffen
Erste vorläufige Hinweise aber deuten darauf hin, dass zumindest einige der
Wale Opfer menschlicher Aktivitäten wurden. Bei drei der Wale wurden laut
Behörden Verletzungen gefunden, die von Kollisionen mit Schiffen stammen
könnten. Ein weiterer hatte sich in einem Netz von Krabbenfischern
verfangen. Weitere Wale konnten von Tierschützern quasi in letzter Minute
lebend aus Netzen befreit werden.
Für die Tierschützer ist das ein lebensgefährliches Unterfangen: Im Juli
war ein Fischer aus New Brunswick bei einer der Aktionen ertrunken. Der Wal
hatte sich, befreit von den Netzen, mit einem Rückwärtssalto auf das Boot
seines Retters geworfen und diesen dabei unter sich begraben und
zerquetscht. Die Krabbenfischer der Region hatten ihre Saison daraufhin
vorzeitig beendet.
Die kanadische Regierung ist alarmiert. Fischereiminister Dominic LeBlanc
kündigte am Donnerstag an, man werde das Möglichste tun, um das Leben der
Wale und seiner Retter zu schützen. Unter anderem prüfe die Regierung
technische Veränderungen an den Fischernetzen, neue Schifffahrtsrouten,
mehr Geld für die Forschung und verstärkte Patrouillen.
Laut Forschern tragen 80 Prozent aller Nordkaper sichtbare Kollisionsnarben
an ihren Körpern. Emily Giles von der Umweltorganisation WWF forderte mehr
Schutzgebiete, in denen sich die Tiere frei bewegen können. „Schon der
Verlust von ein oder zwei Tieren hat immense Auswirkungen auf das Überleben
der Wale.“
## Paradies für Fischer
Die Nordkaper verenden in einer Region, in der sie bislang eher seltener
gesichtet wurden: Der Sankt-Lorenz-Golf vor der Ostküste Kanadas gilt als
Paradies für Fischer, Krabbenfischer und Robbenjäger. Zugleich ist die
Meeresbucht am Mündungsgebiet des Sankt-Lorenz-Stroms ein wichtiger
Schifffahrtskorridor.
Wissenschaftler vermuten, dass die Wale in die belebte Region gekommen
sind, weil ihnen wegen des Klimawandels andernorts die Nahrungsquellen
ausgegangen sind. Noch sei es aber zu früh, darüber zu spekulieren, ob die
Nordkaper dauerhaft im Sankt-Lorenz-Golf blieben, erklärte LeBlanc. Derzeit
befänden sich bis zu hundert Nordkaper in der Region, dreimal so viele wie
normalerweise.
Nordkaper, die bis zu 20 Meter lang werden, konnten sich anders als viele
andere Walarten nach dem Ende des kommerziellen Walfangs nur wenig erholen.
Die Population im Atlantik wächst laut Experten nur um 2 bis 3 Prozent pro
Jahr.
7 Aug 2017
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Kanada
Wale
Atlantik
Paddeln
Kanada
Fischerei
Korallenriff
Schwerpunkt Klimawandel
Kanada
Wale
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