# taz.de -- Schlechte Zeiten für Wale für Grönland: Über den Fleischbedarf … | |
> Die grönländische Regierung genehmigt hohe Fangquoten für die | |
> einheimischen Fischer. Dabei vertragen die Bestände nur viel niedrigere | |
> Limits, warnen Forscher. | |
Bild: Ein Beluga: In Grönland dürfen gleich zweihundert von ihnen zu Lebertra… | |
STOCKHOLM taz Mehr als 700 Wale dürfen die grönländischen Eskimos in dieser | |
Saison jagen. Neben den 220 Zwerg- und Finnwalen, die die Internationale | |
Walfangkommission (IWC) ihnen Ende Juni genehmigt hatte, setzte die | |
grönländische Regierung nun eine zusätzliche Fangquote von 200 Belugas und | |
300 Narwalen fest. Damit ignoriert sie die Empfehlungen ihres eigenen | |
Naturforschungsinstituts in Nuuk: Das hatte allenfalls einen Fang für | |
vertretbar gehalten, der um knapp ein Drittel bzw. fast die Hälfte geringer | |
sein sollte. Unabhängige Institute halten die Quote gar für das Dreifache | |
dessen, was nach dem aktuellen Bestand dieser Tiere eigentlich | |
verantwortbar wäre. | |
Belugas und Narwale kommen nur in arktischen Gewässern vor und gehören zu | |
den Kleinwalen, die bis zu sechs Meter lang und eineinhalb Tonnen schwer | |
werden können. Die Regelung des Fangs dieser Tiere liegt außerhalb der | |
Verantwortung der Walfangkommission IWC. Sie wird im Rahmen des | |
grundsätzlich erlaubten Walfangs für die indigenen Völker von deren | |
jeweiligen Regierungen selbst bestimmt. | |
Grönland setzt die Fangquoten demonstrativ hoch, nachdem man eine Woche | |
zuvor mit einem Antrag auf der Jahresversammlung der IWC gescheitert war, | |
zusätzlich 10 Buckelwale fangen zu dürfen. Zwischen beiden Entscheidungen | |
besteht durchaus ein Zusammenhang. Hatte man doch ausdrücklich angekündigt, | |
die einheimische Quotenvergabe erst nach der IWC-Tagung festlegen zu wollen | |
und von deren Ergebnis abhängig zu machen. | |
Die Quote für die Belugas oder Weißwale und die Narwale liegt schon seit | |
Jahren weit über den Empfehlungen von Meeresbiologen. Sie ist auch in | |
Grönland politisch umstritten. Die oppositionelle Demokratische Partei | |
kritisiert die grönländische Regierung wegen der Erlaubnis einer extensiven | |
Jagd vor allem auf Narwale und warnt von einer "Katastrophe" für den | |
Bestand. | |
Noch im April hatte die Regierung in Nuuk auch verkündet, man wolle in | |
Zusammenarbeit mit Kanada die Quoten in den kommenden drei Jahren absenken. | |
Dass sie dies nun doch nicht tut, wird mit dem angeblichen Nahrungsbedarf | |
der knapp 50.000 einheimischen Eskimos begründet. | |
KritikerInnen halten das für ein vorgeschobenes Argument. "Mit | |
Fleischbedarf hat diese Jagd nichts mehr zu tun", sagt beispielsweise der | |
Biologe Thor Hjarsen vom dänischen Institut Ecoadvice. Jährlich werden | |
tonnenweise Wal- und Seehundfleisch vernichtet, weil es keinen Absatz dafür | |
gibt. Wale werden mittlerweile immer öfter nur gejagt, um die Bestände | |
klein zu halten. Neben den offiziellen Quoten gibt es eine nicht | |
unerhebliche illegale Jagd. Die Fischer begründen diese unverblümt damit, | |
dass die Wale ihnen ihren Fang wegfressen. | |
Laut Biologen ist der Bestand des Narwals, dessen charakteristischer lange | |
Stoßzahn auch auf dem illegalen Souvenirmarkt begehrt ist, in einigen | |
grönländischen Gewässern in den vergangenen zwei Jahrzehnten um die Hälfte | |
gesunken. Setze sich diese Entwicklung fort, seien viele Populationen vom | |
Aussterben bedroht. | |
Doch Rücksicht auf die WählerInnen wiegt offenbar schwerer als eine | |
verantwortungsvolle Bestandspolitik. Die Organisation der grönländischen | |
Fischer und Jäger, KNAPK, plädiert dafür, jeglichen Versuch ausländischer | |
Einmischung in den grönländischen Fang abzulehnen, und empfiehlt einen | |
harten Kurs. Wer, wie die USA oder die EU-Länder, den GrönländerInnen die | |
Jagd auf Wale beschränken wolle, dem solle die Regierung auch keine | |
Konzessionen erteilen, um in Grönland nach Öl oder Mineralien zu suchen. | |
14 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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Kanada | |
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