# taz.de -- Al-Dschasira-Vertretung in Israel: Vertreibung aus dem Paradies | |
> Dem Israel-Büro von al-Dschasira droht die Schließung. Premier Benjamin | |
> Netanjahu wirft dem TV-Sender Hetze in der Tempelberg-Krise vor. | |
Bild: Eine Brücke zwischen Israel und arabischer Welt? Newsroom des katarische… | |
JERUSALEM taz | Dem katarischen Fernsehsender al-Dschasira droht die | |
Schließung in Israel. Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte an, | |
notwendige Schritte einzuleiten, um die Journalisten aus Katar des Landes | |
zu verweisen. „Al-Dschasira setzt die Hetze für Gewalt rund um den | |
Tempelberg fort“, schrieb Netanjahu auf seiner Facebookseite. Angeblich | |
berichtete der Sender einseitig über die Krise. Gut zwei Wochen lang | |
protestierten muslimische Gläubige gegen israelische Sicherheitsmaßnahmen | |
am Tempelberg. Bei den gewalttätigen Demonstrationen waren insgesamt fünf | |
Palästinenser erschossen worden. | |
Es sind keine leichten Zeiten für al-Dschasira. Katars Regierung soll den | |
staatlichen Sender schließen, um die Krise mit Ägypten, Bahrain, | |
Saudi-Arabien und den Emiraten beizulegen. Seit drei Jahren schon sitzt in | |
Kairo ein Al-Dschasira-Reporter hinter Gittern, und Dutzende Mitarbeiter | |
mussten kündigen. Ägypten machte dem Sender eine unfaire Berichterstattung | |
über den Bürgerkrieg in Syrien zum Vorwurf. | |
Israel hingegen gilt als das Paradies schlechthin für Journalisten im Nahen | |
Osten, und auch al-Dschasiras Arbeit stand bislang nichts im Weg. Die | |
Kataris unterhalten ihre Jerusalemer Büros im selben Komplex, in dem auch | |
das staatliche israelische Presseamt sitzt. Für die Mitarbeiter von | |
al-Dschasira bedeutet das kurze Wege zur Akkreditierung. Einmal im Jahr | |
muss der israelische Presseausweis erneuert werden, was gewöhnlich | |
unproblematisch ist. | |
Offenbar stießen die Videoaufnahmen eines sich zum Gebet knienden | |
muslimischen Mannes, dem ein israelischer Sicherheitsbeamter einen Tritt | |
verpasst, auf Netanjahus Unmut. Die Sicherheitskräfte hätten bei einem | |
friedlichen Protest, so der Kommentar aus dem Off, ohne Grund angegriffen. | |
## Warum sollte eine Demokratie einen Sender schließen? | |
Die „Realität auf der Straße“ zu zeigen, gelobt Walid Omary, Bürochef von | |
al-Dschasira in Israel. Dass andere Staaten im Nahen Osten den Sender | |
boykottieren, findet er „nicht überraschend“. Aber warum soll Israel, „d… | |
einzige selbsternannte funktionierende Demokratie in der Region“, sich dem | |
anschließen wollen? Omary kommentierte den israelischen Plan, seinen Sender | |
zu verbieten, diese Woche in der liberalen Tageszeitung Ha’aretz. | |
Al-Dschasira, so schreibt der Korrespondent aus Katar, sei mit seiner | |
„unabhängigen Berichterstattung zum Pionier in einer Region geworden, die | |
über Jahrzehnte nur mit Propaganda gefüttert wurde“. | |
Die meisten Araber hätten bis 1996, als al-Dschasira auf Sendung ging, „nie | |
das Gesicht eines Israelis in einem arabischen TV-Sender gesehen“. Bei | |
vielen habe sogar die Vorstellung bestanden, dass kein anderer als Israel | |
hinter der Gründung des Senders stand. Omary will es daher nicht in den | |
Sinn, dass Israel ausgerechnet den Sender schließen lassen will, „der | |
Israel die seltene Gelegenheit gibt, seine Standpunkte“ einem arabischen | |
muslimischen Publikum darzulegen und „am Dialog mit ihnen teilzunehmen“. | |
Aktuell bietet die israelische Gesetzeslage offenbar keine ausreichende | |
Grundlage für die geplante Schließung. Netanjahu kündigte deshalb an, „für | |
eine entsprechende Änderung der Gesetze zu sorgen, um die Mitarbeiter des | |
Senders des Landes zu verweisen“. Zuständig für die nötigen | |
Reformvorschläge ist Kommunikationsminister Ajub Kara, der bereits an einem | |
entsprechenden Entwurf arbeitet. | |
„Die Änderung von Gesetzen, um eine Medienorganisation zu verbieten, ist | |
ein rutschiger Abhang“, warnte unterdessen der Verband der | |
Auslandskorrespondenten (FPA), in dem einige Hundert Journalisten aus aller | |
Welt organisiert sind, darunter allein 30 Mitarbeiter von al-Dschasira. | |
2 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
## TAGS | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Tempelberg | |
Al-Dschasira | |
Ägypten | |
Israel | |
Al-Jazeera | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Tempelberg | |
Tempelberg | |
Israel | |
Israel | |
Israel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sperrung des Online-Portals „Qantara.de“: Zunehmend hysterisch | |
Ägyptens Regierung sperrt den Zugriff auf das Onlineportal „Qantara.de“. | |
Damit wird eine Brücke zwischen den Kulturkreisen eingerissen. | |
Dorf bei Jerusalem kämpft um Ruinen: Unerwartete Allianz | |
Jerusalems Stadtverwaltung will das Dorf Lifta komplett umbauen. Gegen die | |
Pläne wehren sich Palästinenser und Israelis gemeinsam. | |
Pressefreiheit im Nahen Osten: Israel will al-Dschasira-Büro schließen | |
Die israelische Regierung will Journalisten des TV-Senders al-Dschasira die | |
Akkreditierung entziehen und das Büro in Jerusalem schließen. | |
Konflikt um Tempelberg in Jerusalem: Zugang erneut eingeschränkt | |
Die israelische Polizei untersagt Männern unter 50 Jahren den Zutritt zum | |
Tempelberg. Schon in der vergangenen Woche war diese Maßnahme zeitweilig in | |
Kraft. | |
Israel demontiert Sicherheitsanlagen: 50 Verletzte am Tempelberg | |
Es sah nach Entspannung aus, doch am Tempelberg gab es erneut Verletzte. | |
Polizisten gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstrierende | |
vor. | |
Vor Freitagsgebet auf dem Tempelberg: Israel lockert Sicherheitsmaßnahmen | |
Die Sicherheitsvorkehrungen in Jerusalem werden abgebaut, um die Lage zu | |
entspannen. Die muslimische Führung ruft zur Rückkehr auf den Tempelberg | |
auf. | |
Krise in Israel und Palästina: Metalldetektoren werden abgebaut | |
Der Konflikt hatte sich immer weiter zugespitzt, nun lenkt Netanjahu ein: | |
Einsatzkräfte entfernen die umstrittenen Metalldetektoren am Tempelberg. | |
Krise in Israel und Palästina: Israel unschlüssig über Detektoren | |
Das Sicherheitskabinett beriet bis zum Montagmorgen über die | |
Tempelberg-Krise. In Jordanien kam es zu einem tödlichen Vorfall an der | |
israelischen Botschaft. | |
Reform des israelischen Rundfunks: Einmal komplett abgeschaltet | |
Beim ESC kündigte der israelische Sender IBA die eigene Schließung an. | |
Dennoch lesen dieselben Gesichter und Stimmen noch immer die Nachrichten. |