# taz.de -- Öko-Kunst in Kreuzberg: Das Leben der Fossilien | |
> In der Kreuzberger König Galerie untersucht Tue Greenfort das | |
> Mensch-Natur-Verhältnis. Galerist König zieht es derweil nach London. | |
Bild: Tue Greenfort, „Tilapia“, 2017 | |
Der Pfeilschwanzkrebs ist ein merkwürdiges Tier. Allein schon sein Äußeres: | |
Der Panzer des Krabbeltiers gleicht einem Stahlhelm mit Augen, der in einem | |
beweglichen Schwanzstachel mündet. Dergestalt setzt es sich seit über 400 | |
Jahrmillionen der Evolution zur Wehr, doch inzwischen sind mächtige Feinde | |
dazugekommen. Die Pharmaindustrie hat die „lebenden Fossilien“ für sich | |
entdeckt; in Teilen Asiens gelten sie als Delikatesse. | |
Gibt man den Namen der Spezies auf [1][YouTube] ein, listen sich Tausende | |
Videos auf, laienhafte Aufnahmen von Strandurlaubern wie | |
Wissenschaftsdokus. [2][Tue Greenfort] hat aus diesem Fundus für seine | |
Ausstellung in der [3][König Galerie] eine Videoarbeit zusammengesampelt, | |
eine kaleidoskopartige Annäherung an sein großes Thema, das | |
(selbst-)zerstörerische Verhältnis von Mensch und Natur. | |
Abstrakter spiegelt sich dieses auch in den Skulpturen wider, lebensgroße | |
Abbilder der Krebse, aus Beton und industrieller Flugasche gefertigt, | |
ebenso wie in den Fischdrucken des – ebenfalls gefährdeten – | |
Viktoriasee-Tilapias auf Reispapier. | |
Einblick (684): Johann König, Galerist | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
JK: Besonders spannend finde ich gerade die Ausstellung von Andreas | |
Schmitten im [4][Künstlerhaus Bethanien]. Der diesjährige | |
Falkenrot-Preisträger hat die Räume an der Kottbusser Straße genial | |
bespielt und verwickelt die Ausstellungsbesucher in ein raumgreifendes | |
Erlebnis. Die Schau ist eine riesige Materialschlacht aus Papier, Stahl, | |
Glas und Kunststoff, eine echte Ansage. Besonders schön finde ich, wie alle | |
geschätzten Größen der Düsseldorfer Bildhauerschule zitiert und | |
reinkarniert werden: Reinhard Mucha, Katharina Fritsch oder Thomas Schütte. | |
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
Mein Lieblingsclub ist und bleibt das Berghain – vor allem seit [5][Norbert | |
Bisky] die Eingangshalle mit seinem großformatigen zersplitterten | |
Riesenbild bespielt. Da fliegen Menschen durch die Gegend, als hätte es | |
eine riesige Explosion gegeben. Das künstlerische Spiel mit | |
Erinnerungsfetzen passt perfekt zu einer Nacht im Berghain. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
durch den Alltag? | |
Im Moment beschäftigt mich am meisten das König-Magazin. Die erste Ausgabe | |
erscheint im Herbst. Es wird ein Berlin-Heft mit einem Porträt über den | |
Architekten Werner Düttmann und einem Schwerpunkt auf Berliner Künstler: | |
Grosse, Reyle, Wasmuht und Bisky. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Die Eröffnung einer Dependance in London. Parallel zur Frieze Art Fair | |
werden wir eine Ausstellung mit [6][Jeremy Shaw] eröffnen, die sein Projekt | |
„Liminals“ zur diesjährigen Venedig Biennale weiterführen wird. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
Das neue Handtuch von [7][König-Souvenir]. Mit Norbert Bisky haben wir ein | |
Badetuch produziert, das ein Statement gegen Homophobie und für die | |
Pluralität der sexuellen Orientierung ist. Wenn ich damit mit meiner | |
Familie im Prinzenbad sitze, sind die Blicke unbezahlbar. | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
2 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/results?search_query=Pfeilschwanzkrebs | |
[2] http://tuegreenfort.net/ | |
[3] http://www.koeniggalerie.com/ | |
[4] http://www.bethanien.de/exhibitions/falkenrot-preis-2017/ | |
[5] http://www.norbertbisky.com | |
[6] http://jeremyshaw.net/ | |
[7] http://koenigsouvenir.com/ | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
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