# taz.de -- Einladung der Stiftung Lesen: AfDler sollen an Schulen vorlesen | |
> Zum Vorlesetag an Schulen, in Bibliotheken und Kitas sollen AfD-Politiker | |
> kommen. Wie passt die Einladung zu der angesehenen Stiftung Lesen? | |
Bild: Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Lesen erfuhr erst von der ta… | |
Frankfurt am Main taz | Die gemeinnützige und angesehene Stiftung Lesen | |
wirbt auch umstrittene PolitikerInnen der AfD als VorleserInnen an, um sie | |
für ihren bundesweiten Vorlesetag am 17. November an Kitas und Schulen zu | |
vermitteln. In diesem Jahr erging an alle gewählten Landtagsabgeordneten, | |
auch die der AfD, eine persönlich adressierte Einladung, am „größten | |
Vorlesefest zwischen der Nordseeküste und den Alpen“ teilzunehmen. Die | |
Stiftung Lesen bestätigte entsprechende Informationen der taz. | |
Unter den Adressaten sind auch der Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD | |
im saarländischen Landtag, Josef Dörr, den der Bundesvorstand wegen seiner | |
angeblichen Verbindungen in die Neonaziszene aus der Partei ausschließen | |
lassen wollte, sowie sein Fraktionsgeschäftsführer Rudolf Müller. Der hatte | |
für Schlagzeilen gesorgt, weil er in seinem Antiquitätengeschäft mit | |
Nazidevotionalien und KZ-Geld gehandelt hatte. | |
Für den Vorlesetag vermittelt die Stiftung alljährlich unbekannte sowie | |
prominente VorleserInnen aus Politik und Gesellschaft. In | |
Bildungseinrichtungen, Bibliotheken und anderen Veranstaltungsorten treten | |
sie vor allem vor Kindern auf, um für das Vorlesen zu werben. „Bei der | |
Veranstaltungsplanung sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt“, so die | |
Stiftung. Auf den Einladungen, die auch den AfD-PolitikerInnen zuging, | |
heißt es: „Jeder Einsatz ist gefragt.“ Offenbar auch der von Menschen, die | |
sich mit rassistischen und antisemitischen Äußerungen hervorgetan haben. | |
So nämlich steht auch der umstrittene AfD-Fraktionsvorsitzende aus | |
Sachsen-Anhalt, Andrè Poggenburg, auf der Einladungsliste. Er wird dem | |
völkischen Flügel seiner Partei zugerechnet und fordert von | |
Kulturschaffenden „einen positiven Bezug zur Heimat“. „Helfen Sie dabei, | |
Wucherungen am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden“, forderte er | |
etwa. Gemeint waren damit linke Studierende an der Uni Magdeburg, die er | |
als „linksextreme Lumpen“ bezeichnete. Was würde Poggenburg wohl in Kitas | |
und Schulen vorlesen? | |
Auch der wegen seiner antisemitischen Äußerungen umstrittene Stuttgarter | |
AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon ist eingeladen. Für ihn ist das | |
Judentum der „innere“ und der Islam der „äußere Feind des christlichen | |
Abendlandes“. Sein Buch trägt den Titel: „Der grüne Kommunismus und die | |
Diktatur der Minderheiten“. | |
Björn Höcke gehört wie Poggenburg zum völkischen Flügel der Partei – am | |
Vorlesetag könnte er demonstrieren, was er unter „identitätsstiftender | |
Kulturpflege“ versteht. Gegen ihn ist wegen rassistischer Äußerungen ein | |
Parteiausschlussverfahren eingeleitet worden, doch er erhielt ebenso eine | |
persönliche Einladung wie Jörg Meuthen, Frauke Petry und Marcus Pretzell. | |
Wie passt das Einladen von PolitikerInnen, die Vorurteile verbreiten oder | |
rassistische und antisemitische Positionen vertreten, zu den Grundsätzen | |
der Stiftung Lesen? Dort heißt es: „Sie (die Stiftung) schließt die | |
Zusammenarbeit mit Parteien, Institutionen und anderen Gruppen oder | |
Einzelpersonen, die antidemokratisches, rassistisches, fremdenfeindliches | |
oder diskriminierendes Gedankengut vertreten oder verbreiten, aus.“ | |
Partner der Stiftung beim Vorlesetag ist die Stiftung der Deutschen Bahn | |
AG. In deren Grundsätzen heißt es: „Wir leben Solidarität mit Menschen am | |
Rande der Gesellschaft, indem wir uns dafür einsetzen, Vorurteile | |
abzubauen.“ | |
## NPD war immer ausgeschlossen | |
Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Lesen, der frühere | |
ZDF-Intendant Markus Schächter, erfuhr offenbar erst durch die taz von den | |
Einladungen an die AfD-PolitikerInnen. Es gebe einen Vorstandbeschluss, | |
nach dem alle gewählten Abgeordneten jenseits der NPD angeschrieben werden | |
sollten, teilte Schächter schließlich mit. Kommentieren mochte er den | |
Vorgang aber nicht. | |
Die Stiftung Lesen selbst erklärte der taz: „Wie in den vergangenen Jahren | |
haben wir auch dieses Jahr alle gewählten Abgeordneten demokratischer | |
Parteien im Bundestag und in den Landtagen auf den bundesweiten Vorlesetag | |
hingewiesen. Jede Einrichtung entscheidet selbst, ob und mit welchen | |
Aktionen und Personen sie sich beteiligen möchte. Ausgenommen von dem | |
Hinweis auf den Vorlesetag war stets die NPD, da deren Parteiprogramm klar | |
unseren Leitlinien widerspricht“. | |
Fast wortgleich antwortete der Zeitverlag. Die Wochenzeitung Die Zeit | |
unterstützt den Vorlesetag als Medienpartner. In den Vorjahren druckte sie | |
die lange Liste aller Namen der freiwilligen VorleserInnen ab. Der | |
saarländische Bildungsminister Ulrich Comerçon, SPD, selbst | |
Kuratoriumsmitglied der Stiftung, versicherte der taz immerhin: „Man kann | |
keine Schule dazu zwingen, AfD-VertreterInnen einzuladen.“ | |
2 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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