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# taz.de -- Proteste gegen Zirkus: Wildzirkus bringt Tierschützer auf
> Der Circus Voyage, der gerade in Norddeutschland tourt, rühmt sich „der
> größten tierischen Circus-Show mit 80 Tieren“. Tierschützer haben zu
> Protesten aufgerufen.
Bild: Eine Frage der Perspektive: die Tierhaltung beim Circus Voyage
BREMEN taz | Wildtierhaltung im Zirkus ist ein umkämpftes Thema: Im
Bundestag ist gerade erst der Antrag der Bremer Abgeordneten Birgit Menz
(Die Linke), diese zu verbieten, mit den Stimmen von CDU und SPD
[1][zurückgewiesen worden] – „aus Gründen der Koalitionsräson“, wie sie
sagt. „Ich gehe davon aus, dass die Debatte in der kommenden Legislatur
wieder aufs Tapet kommt“. Schließlich ist sie in der Zivilgesellschaft sehr
virulent, seit Jahren schon. „Man kann den Leuten nur dankbar sein, die den
Protest friedlich auf die Straße bringen“, findet Menz.
Aktuell tourt der Circus Voyage durch Norddeutschland. Heute beginnt er in
Bremen sein Gastspiel. Dabei ist er im Visier von Tierschutz- und
TierrechtsaktivistInnen: Auf der letzten Station, Oldenburg, hatte am 22.
Juli eine Mahnwache vorm Zelt stattgefunden. Und Bremer AktivistInnen
hatten das Unternehmen dort in den letzten Tagen regelrecht observiert.
Mit Grund. Einerseits soll es auf der Tour mehrfach zu handfesten
Auseinandersetzungen zwischen Zirkusfans und -gegnern gekommen sein. Der
Berliner Tagesspiegel berichtet sogar, dass der Weddinger Amtstierarzt und
die Polizei durch Hundebisse am Kontrollbesuch gehindert worden seien – was
das Unternehmen [2][bestreitet].
Vor allem aber vermarktet sich in Deutschland kaum ein Zirkus noch so
offensiv über seine Exotenbestände: „Die größte tierische Circus-Show mit
mehr als 80 Tieren“, steht auf den Plakaten. In einer Art
Vorwegverteidigung, schließlich weiß man ja, dass die Transporte als Stress
für die Tiere gelten, rühmt man per Pressemitteilung die „entspannte[n]
Tiere an der Ermlandstraße in Bremen-Blumenthal“, wo man gerade
eingetroffen ist. Und schiebt hinterher, „auf Grund großer Nachfrage das
Gastspiel verlängert“ zu haben, noch bevor die Zelte stehen. Es habe „400
online-Reservierungen“ gegeben, erklärt Tourneeleiter Sascha Grodotzki.
In Teilen der Bevölkerung ist der Empfang aber weniger herzlich: So rufen
für Samstagnachmittag das neue Bündnis T-Zelle, die Kleinstpartei Ethia für
Tier- und Menschenrechte, der Tierschutzbund und Animals United zur
Protestkundgebung auf. Demo-Anmelder Peter Hübner wird heute zudem eine
Strafanzeige stellen wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das
Tierschutzgesetz beim Transport der Tiere.
„Die ist fertig und geht am Donnerstagmorgen raus“, sagt er. Er wartet nur
noch auf einen Beschluss des Tierschutzvereins: Der entscheidet
Mittwochabend, ob er sich der Strafanzeige anschließt.
„Die Tiere waren nur kurz auf dem Fahrzeug“, sagt Grodotzki zur Fahrt von
Oldenburg nach Bremen. „Etwa zwei, vielleicht zweieinhalb Stunden nach der
Ankunft“ hätten sie ihre Behältnisse verlassen können.
Hübner widerspricht: Er hat mit anderen den Umzug beobachtet und per Video
dokumentiert. Sie kommen auf rund zwölf Käfigstunden: Schon um 18.30 Uhr
seien die Tiere in Oldenburg eingesperrt gewesen, sagt er. Noch am Morgen
um 7 Uhr seien in Bremen „keine Gatter aufgebaut“ gewesen.
Der Transport ist der neuralgische Punkt. Grodotzki bestreitet, dass die
Fahrerei überhaupt Stress für die Tiere bedeutet. Tatsächlich hat der
Freiburger Ethologe Immanuel Birmelin durch Hormon-Messungen von Tigern in
Reiseboxen [3][nachgewiesen], dass deren Cortisol-Spiegel nicht
zwangsläufig infolge einer Tournee ansteigt.
Verallgemeinerbar ist das aber nicht. Für die EU hat ein
Wissenschaftlerpanel 2004 [4][festgehalten], dass viele Stressfaktoren bei
Tiertransporten auftreten und „in großem Maße zum schlechten Zustand der
transportierten Tiere“ beitragen würden: Daher sind deren Reduktion und
engmaschige Kontrollen vorgeschrieben.
Das aber klappt nicht immer: So war die Bremer Polizei Hinweisen darauf,
dass die Giraffen in Containern transportiert wurden, die zu niedrig zum
Stehen seien, nicht nachgegangen: „Die Kontrolle, um die wir gebeten
hatten, hat nicht stattgefunden“, bedauert Insa Warms von den Grünen.
2 Aug 2017
## LINKS
[1] http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/811/81182.html
[2] http://www.tagesspiegel.de/berlin/circus-voyage-in-berlin-wedding-hund-beis…
[3] http://www.tierverhaltensforschung-birmelin.de/aktuelles/untersuchungen-zur…
[4] https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/040507
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
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