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# taz.de -- Abtreibungsverbot in Chile: Lockerung erneut gescheitert
> Vorläufig bleibt die Abtreibung in Chile verboten – wegen einer
> Stimmenthaltung im Kongress. Das Gesetz stammt noch aus der Zeit der
> Diktatur.
Bild: Bei der Änderung der Regelung für Minderjährige unter 14 Jahren war me…
Buenos Aires taz | In Chile droht die geplante Lockerung des
Abtreibungsverbots gänzlich zu scheitern. Überraschend verfehlte eine
Reform des Abtreibungsgesetzes wegen einer Stimmenthaltung die letzte noch
notwendige Mehrheit im Kongress. Jetzt muss die Gesetzesvorlage erneut im
Vermittlungsausschuss beraten werden. Für die BefürworterInnen wird es
knapp, die Vorlage noch vor der Präsidentschaftswahl im November
durchzubringen. Dagegen jubeln die GegnerInnen über den unverhofften
Zeitgewinn.
Chile ist eines der letzten Länder, in denen Abtreibungen unter keinen
Umständen erlaubt sind. Ein Gesetzesartikel, der seit 1931 Ausnahmen
zuließ, wurde noch 1989 in den letzten Monaten der Pinochet-Diktatur
abgeschafft. Seither werden Schwangerschaftsabbrüche mit Gefängnisstrafen
geahndet. Nach allgemeinen Schätzungen werden dennoch jährlich rund 70.000
unerlaubte Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. Ebenso strikt ist das
Abtreibungsverbot nur noch in Nicaragua, El Salvador, Honduras, Haiti,
Malta und der Dominikanischen Republik.
Chiles sozialistische Präsidentin Michelle Bachelet hatte eine öffentliche
Diskussion über ein Aufweichen des Verbots angestoßen. 2015 brachte die
Regierung eine Gesetzesvorlage im Kongress ein, die Abtreibungen in
mehreren Fällen für zulässig erklärte: bei Gefahr für das Leben der Mutter,
wenn der Fötus keine Überlebenschance hat und bei einer Schwangerschaft
nach einer Vergewaltigung.
Mehrfach stimmten inzwischen Senat und Abgeordnetenhaus mit den Mehrheiten
der Regierungskoalition aus ChristdemokratInnen, SozialistInnen,
SozialdemokratInnen und KommunistInnen zu. Kleine Änderungen des Textes
verlangten jedoch, dass die Gesetzesvorlage erneut in die Ausschüsse gehen
und Senat oder Abgeordnetenkammer abermals zur Abstimmung vorgelegt werden
musste.
## Überraschender Erfolg
Nachdem am vergangenen Mittwoch der Senat erneut zustimmte, schien die
Mehrheit im Abgeordnetenhaus diesmal tatsächlich eine reine Formsache zu
sein. So billigten die Abgeordneten am Tag darauf in Einzelabstimmungen die
drei Ausnahmen mit einfacher Mehrheit. Bei der Änderung der Regelung für
Minderjährige unter 14 Jahren war jedoch mehr als die einfache Mehrheit
erforderlich. Deren Zustandekommen scheiterte letztlich einzig und allein
an der Enthaltung des christdemokratischen Abgeordneten Marcelo Chávez.
Dies bedeutet, dass die gesamte Gesetzesvorlage wieder in den
Vermittlungsausschuss muss.
Bereits vor ihrem überraschenden Erfolg hatte die rechte Opposition eine
Klage beim Verfassungsgericht angekündigt. Dort geht am 29. August der
Vorsitz an Iván Aróstica über, der von Bachelets konservativem
Amtsvorgänger Sebastián Piñera zum Obersten Richter ernannt worden war. Auf
Aróstica ruhen jetzt die Hoffnungen der GegnerInnen des neuen
Abtreibungsgesetzes. Als Vorsitzender der Obersten Richter könnte er eine
Entscheidung mindestens bis zur Präsidentschaftswahl im November dieses
Jahres hinausschieben. Der derzeit aussichtsreichste Kandidat ist Sebastián
Piñera.
23 Jul 2017
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Chile
Schwerpunkt Abtreibung
Pinochet
Diktatur
Michelle Bachelet
Sebastián Piñera
Chile
Sexualisierte Gewalt
Schwerpunkt Abtreibung
Präsidentschaftswahl Chile
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