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# taz.de -- Doku über Kreuzfahrt für Schwule: Maskulinität und Muskeln zu Wa…
> Auf dem „Dream Boat“ entfliehen Schwule alltäglichen Diskriminierungen.
> Doch auch hier gibt es Einsamkeit, Schönheitswahn und Ausgrenzung.
Bild: Auch ein „Traumschiff“ bietet nicht nur makellose Schönheit
Kreuzfahrten sind noch vor der Institution Ehe eine dieser von
Heterosexuellen diabolisch erfundenen Zwangsgemeinschaften, die sich Homos
im Sinne eines gleichberechtigten Leidens erfolgreich anzueignen versuchen.
Seitdem Schwule und Lesben mehr Rechte haben, sind sie auch für die
Industrie interessant geworden und dürfen ganz unter sich zusammen auf
einem Boot zum Beispiel durch die Ägäis schippern. „Deine Gay Cruise von
der Community für die Community“ heißt es da auf der Homepage eines
Anbieters gerade so, als sei dieses kostspielige Ferienprodukt von einem
politischen Bündnis queerer Aktionsgruppen erfunden worden.
Ironischerweise heißt der Dokumentarfilm von Regisseur Tristan Ferland
Milewski, der fünf verschiedene Männer aus fünf verschiedenen Ländern auf
einer einwöchigen Fahrt begleitet, dann auch „Dream Boat“, obwohl der Traum
einer schwulen Kreuzfahrt – das wird im Film in Ansätzen deutlich – nur
bedingt in Erfüllung geht.
Rückt man von der arroganten „westlichen“ Perspektive einmal ab und
betrachtet die 89 Nationen, aus denen die Passagiere des „Dream Boat“
kommen, wird deutlich, dass so ein Kreuzfahrtschiff, in seiner scheinbaren
Isolation von Nation und Gesellschaft, auch einen von vielen erträumten
Schutzraum bilden kann – eine temporäre Parallelgesellschaft auf dem
Wasser.
Mit Bildern, die so glatt sind wie die Oberkörper der meisten Passagiere,
und einem bombastischen Soundtrack, der an einen Abenteuerfilm erinnern
lässt, beginnt Milewski seine Reise und stellt uns fünf Männer vor, deren
Biografien von oft dramatischen persönlichen Schicksalen gezeichnet sind.
Dipankar ist in Indien geboren, wo er mit einer Frau verheiratet werden
sollte, und lebt zurzeit in Dubai, wo homosexuelle Handlungen mit
Gefängnisstrafen geahndet werden. Ramzi wurde in seinem Herkunftsland
Palästina von der Polizei verfolgt, lebt mittlerweile in Belgien und hätte
beinahe seinen Partner an Krebs verloren. Der Franzose Philippe sitzt seit
20 Jahren im Rollstuhl, und der Fotograf Martin spricht kurz darüber, dass
er HIV-positiv ist.
## Auffällig künstlich
Martins Fotoshootings begleitet die Kamera des Öfteren und fügt jenen
Inszenierungen somit noch eine weitere Ebene hinzu. Für seine Bilder und
dann natürlich für die Filmkamera Milewskis inszenieren sich die
Protagonisten. Das wirkt in „Dream Boat“ auffällig künstlich, was wiederum
die allabendlichen Eigeninszenierungen der Passagiere für die verschiedenen
Themenpartys als lose Handlung für den Film nutzen.
Mal ist es das Thema Nation, mal ist es Drag, und wenn die Kamera
minutenlang und oft in Zeitlupe die aufwendig Kostümierten abfilmt, fragt
man sich schnell, ob das für die Beteiligten noch Urlaub ist oder schon
Arbeit. Und man fragt sich, wie sich der Regisseur eigentlich zu diesen
beklemmend perfekt organisierten Ritualen verhält, die er oft wie
Musikvideos inszeniert.
Das Männerbild auf dem Boot ist von Maskulinität und Muskeln, kurzen Haaren
und kurzen Badehosen geprägt und wird durch die filmische Ästhetisierung
als eine schwule Uniformität gezeigt, die der Film in seinen oft erhabenen
Bildern zu feiern scheint. Dann wiederum ist in Interviews von Einsamkeit,
schwulem Schönheitswahn und fehlenden alten Vorbildern die Rede, von
Ausgrenzung und mangelnder Anerkennung innerhalb der Szene. Die
Widersprüche werden aber nicht weiterverfolgt oder -diskutiert, sie
bleiben im Inszenierungsraum des „Dream Boat“ vor blauem Himmel stehen.
Die Antwort auf die Frage einer deutlicheren filmischen Haltung bleibt uns
der Film damit leider schuldig.
11 Jul 2017
## AUTOREN
Toby Ashraf
## TAGS
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homosexualität
Männlichkeit
Schwerpunkt HIV und Aids
Schwule
Kreuzfahrt
Segeln
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homosexualität
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