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# taz.de -- Kommentar Später Abstammungstest: Dalí muss zum Vaterschaftstest
> Ein Gericht in Madrid lässt die Leiche des surrealistischen Künstlers
> exhumieren. Eine Katalanin behauptet, seine Tochter zu sein.
Bild: Vielleicht der Vater? Salvador Dalí, auf einem Foto vom November 1942, a…
Ein Gericht in Madrid hat angeordnet, dass die Leiche des surrealistischen
Künstlers, der 1989 gestorben ist, exhumiert werden soll, um Genmaterial
für einen Abstammungstest zu entnehmen. Und das, weil eine mittellose
Kartenleserin aus der katalanischen Kleinstadt Girona glaubt, Dalís Tochter
zu sein. Hui, denkt man, da ist eine aber ganz schön durchgedreht.
Unabhängig davon, dass sie als Tochter Dalís seine rechtmäßige Erbin und
damit auf einen Schlag wohl die reichste Kartenleserin der Welt wäre –
Dalís Nachlass soll mehr als 300 Millionen Euro wert sein, weiß die
Süddeutsche Zeitung. Der Name Dalí würde sie zudem erhöhen und aus der
Unbekannten eine – zumindest kurzzeitige – Prominente machen. So was hat es
schon öfter gegeben. Man denke an all die Frauen, die behauptet haben,
Prinzessin Anastasia zu sein, jene Zarentochter, die zusammen mit der
gesamten Familie Romanow 1918 in Jekaterinburg von Bolschewisten ermordet
worden waren.
Im Fall von Pilar Abel, so heißt die mutmaßliche Dalí-Tochter, scheint das
anders zu sein. Möglicherweise ist sie tatsächlich die leibliche Tochter
eines Mannes, der von sich behauptet hatte, jahrelang nur einer einzigen
Frau verfallen zu sein: seiner Muse und späteren Ehefrau Gala. Zumindest
hat das Gericht eine berechtigte Annahme, dass Abel Recht hat. Sonst hätte
es die Exhumierung nicht angeordnet.
## Der biologische Vater
Abel will, so erzählt sie es, von ihrer Großmutter erfahren haben, dass ihr
biologischer Vater ein anderer sei. Abels Mutter, die als ein Kindermädchen
gearbeitet hat, soll in den fünfziger Jahren mit Dalí ein Verhältnis
gehabt, aber später – schon schwanger – einen anderen geheiratet haben.
Nun wissen wir nicht, was Pilar Abel gedacht hat, als sie davon erfuhr. Hat
sie Dalís Kunst im Kopf gehabt, sein Oevre, sein Aussehen? Oder war ihr das
komplett egal, weil sie eine andere Spur verfolgt, nämlich die Suche nach
ihrem leiblichen Vater. Vielleicht hat sie, als Dalís Name fiel, nur
gedacht: Endlich weiß ich, wer mich gezeugt hat. Dass es der, den ich als
meinen Vater kenne, nicht sein kann, war mir schon länger klar. Der sieht
mit überhaupt nicht ähnlich. Auch sonst bin ich so komplett anders als er.
Gewiss, das klingt nach Spekulation, nach Magic Thoughts. Aber Kinder,
denen das Wissen um einen Teil ihrer biologischen Eltern geraubt wird,
spüren ihr Leben lang, dass in der Familie etwas nicht stimmt. Dass es da
ein Geheimnis gibt, das sie nur nicht benennen können, weil sie ihre Ahnung
ja nicht kanalisieren können. Diese Menschen sind ihr Leben lang auf der
Suche, vielfach nach etwas, von dem sie bis zum Schluss, bis das Geheimnis
gelüftet ist, nicht wissen, was es ist. Sie sind Getriebene in eigener
Sache.
## Familiengeheimnisse
In den meisten Fällen fliegt das „Familiengeheimnis“ auf – durch Briefe,
die irgendwann gefunden werden, durch Geburtsurkunden und Testamente. Die
Wahrheit trifft die Kinder meist wie ein Schlag, egal, wie alt sie sind.
Und unabhängig davon, wer der „neue“ Vater oder die „neue“ Mutter ist.
Andererseits befreit sie das Wissen um ihre Herkunft von ihrem
Getriebensein. Im besten Fall tritt eine große Ruhe in sie ein.
Jeder Mensch hat ein Recht darauf zu erfahren, von wem er stammt, wer die
leiblichen Eltern sind. Das Wissen um die eigene Herkunft ist wichtig für
die eigene Identitätsbildung. Manche Menschen, die nie erfahren, wer ihre
biologische Mutter, wer der biologische Vater ist, leiden daran bis an ihr
Lebensende. Sie spüren eine Leerstelle, die sie kaum füllen können.
Das könnte Pinar Abel jetzt möglicherweise erspart bleiben.
27 Jun 2017
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Vaterschaft
Familienpolitik
Malerei
Francisco Franco
Vaterschaft
Vaterschaft
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