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# taz.de -- Neue Regelungen für Sozialmieter: SPD haut der Linken auf den Deck…
> Im sozialen Wohnungsbau werden Mieter bald besser finanziell unterstützt.
> Weitergehende Entlastungen scheiterten am Widerstand der SPD.
Bild: … und sie muss es ausbaden: Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher
Berlin taz | Die Mieter im sozialen Wohnungsbau zu entlasten, das ist eines
der zentralen Anliegen von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher
(Linke) und der rot-rot-grünen Landesregierung. Im Koalitionsvertrag
festgeschrieben ist dafür ein dreistufiges Verfahren. Im ersten Schritt
wurden bereits im Januar die regelmäßigen Mieterhöhungen von etwa 13 Cent
pro Quadratmeter für das laufende Jahr ausgesetzt.
Am Mittwoch wurde der zweite Schritt auf den Weg gebracht. In einer
Sondersitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung stimmten die
Regierungsfraktionen für ein sogenanntes Vorschaltgesetz, mit dem eine
umfassende Reform des sozialen Wohnungsbaus angestrebt wird. Mit dem
Gesetz, das nächste Woche Donnerstag im Parlament verabschiedet und ab Juli
gelten soll, werden einige wichtige Punkte für eine Übergangsphase
geregelt, bis im Frühjahr 2018 die grundlegende Novellierung des
Wohnraumgesetzes ansteht – der dritte Schritt.
Einer der zentralen Punkte der neuen Regelung: Der Mietzuschuss, den
Haushalte im sozialen Wohnungsbau beantragen können, erfolgt künftig auf
Basis der Bruttowarmmiete, also Miete und Nebenkosten. Wer mehr als 30
Prozent seines Haushaltseinkommens dafür aufwenden muss, kann sich den Rest
– bei bestimmten Voraussetzungen – erstatten lassen.
Weil die Bezugsgröße bisher die Nettokaltmiete war, werden deutlich mehr
Mieter Anrecht auf einen Zuschuss haben, zudem werden die Zuschüsse
steigen. Der durchschnittliche Beitrag von bisher 84 Euro monatlich könnte
laut Berechnungen des Senats auf 248 Euro je Haushalt steigen. 37 Millionen
Euro wurden dafür im laufenden Jahr bereitgestellt.
## Viele Ausnahmen
Die grundsätzliche Umstellung des Systems wird von Mieteraktivisten begrüßt
– im Detail aber auch scharf kritisiert. So werden bei Mietverträgen für
Sozialwohnungen, deren Förderung bereits ausgelaufen ist, Zuschüsse nur bis
zum Einzugstag 1. Januar 2016 gewährt.
Eine Unterstützung bekommen zudem nur Haushalte, die WBS-berechtigt sind
und deren Wohnungen eine „angemessene“ Größe nicht überschreiten. Durch
diese Deckelung fallen viele Mieter aus der Förderung heraus. Die
Initiative Kotti & Co. schlussfolgert: „Unter ungünstigsten Bedingungen
(hohe Miete, große Wohnung, geringes Einkommen) kann die Mietbelastung auch
nach der Zahlung des Mietzuschusses über 45 Prozent betragen.“
Einen Wortbruch der Koalition sieht Kotti & Co. vor allem in der Einführung
des Stichtages. Dabei war die Unterstützung auch für Neumietverträge schon
unter dem früheren Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD)
versprochen worden. Bis vor zwei Wochen fand sich die Kappung auch nicht in
dem im Hause Lompscher ausgearbeiteten Gesetz.
## Meuternde SPD
Doch dann kam die SPD-Fraktion, in Gestalt ihres Parlamentarischen
Geschäftsführers Torsten Schneider, mit einem fünfseitigen
Änderungskatalog. Darin fand sich auch eine Deckelung des Zuschusses bei
den Betriebskosten. Obwohl die Gesetzesvorlage schon mit SPD-Finanzsenator
Matthias Kollatz-Ahnen abgestimmt war, drückte die SPD-Fraktion nun die
Kosten.
Lompscher und die Linksfraktion akzeptierten die Abschwächung der
Sozialwirkung zähneknirschend, um das Gesetz noch vor der Sommerpause auf
den Weg zu bringen und nicht weitere Monate zu verschleppen. Doch der Groll
auf die Sozialdemokraten ist groß: Diese hätten den monatelang
ausgearbeiteten Kompromiss handstreichartig aufgekündigt, an dem auch ihre
eigenen Fachpolitiker beteiligt waren. In der Ausschusssitzung wurden die
Differenzen nicht öffentlich, einzig der Linken-Politiker Michael Nelken
gab einen Hinweis, als er von Regelungen sprach, „die ja vielleicht hätten
weitergehen können“.
Wenig umstritten sind andere Punkte, die nun neu geregelt werden.
Ausgeschlossen sind künftig rückwirkende Mieterhöhungen für Objekte des
sozialen Wohnungsbaus – ein Schritt, den sogar die FDP-Fraktion begrüßte.
Ebenso soll verhindert werden, dass Wohnobjekte durch einen Verkauf ihre
Eigenschaft als „öffentlich gefördert“ verlieren. Die bisherige Regelung
führte dazu, dass der Anteil an Sozialwohnungen rapide gesunken ist und die
Mieten in den betroffenen Objekten massiv angestiegen sind. Nun bleiben
auch bei einem Verkauf die ursprünglichen Bindungsfristen erhalten. In
Berlin gibt es noch etwa 106.000 Sozialwohnungen.
28 Jun 2017
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Mietenpolitik
Sozialer Wohnungsbau
Katrin Lompscher
SPD Berlin
Sozialwohnungen
Mietspiegel
Sozialer Wohnungsbau
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