# taz.de -- Kommentar Temporäre Spielstraße: Eine Niederlage für die Kinder | |
> Im Fall Gudvanger Straße ging es auch darum, wem eigentlich die Straße | |
> gehört. Der Bezirk hätte vor Gericht auf einem Grundsatzurteil bestehen | |
> müssen. | |
Bild: Kleine Straße, großer Streit: die Gudvanger Straße in Prenzlauer Berg | |
Einmal im Monat gehört ein kleiner Abschnitt der Gudvanger Straße am | |
Humannplatz in Prenzlauer Berg nun den Kindern – für ganze vier Stunden am | |
Nachmittag. Damit ist das Modellprojekt temporäre Spielstraße, das der | |
Bezirk 2015 gestartet hatte, quasi tot. Von dem ursprünglichen Plan, einmal | |
die Woche ein 35 Meter langes Teilstück für 10 bis 18 Uhr für Rollerblades, | |
Bobbycars und Co. freizugeben, ist nur noch eine Rumpfvariante übrig. | |
Noch mal: Es geht hier um etwa 100 Meter Nebenstraße, die den Autofahrern | |
einmal die Woche gefehlt hätten. Man kann die Gudvanger Straße an dieser | |
Stelle sehr gut umfahren. Ja, man hätte als betroffener Anwohner im Zweifel | |
ein paar Meter weiter weg parken müssen – aber sich dafür über die bunte | |
Veranstaltung vor der eigenen Haustür freuen können, wenigstens ein | |
bisschen vielleicht. | |
Stattdessen klagten die Anwohner vor Gericht, und auch gegen die | |
abgespeckte Variante einer nur noch 14-tägigen Straßensperrung, die der | |
Bezirk nach Anhörung der Nachbarschaft zwischenzeitlich vorgeschlagen | |
hatte. | |
Man habe ja nichts gegen spielende Kinder, aber warum denn ausgerechnet in | |
meiner Straße?, ließen sich die klagenden Anwohner in der Presse zitieren. | |
Es gebe doch genügend Spielplätze gleich nebenan. Eine bemerkenswert | |
ignorante Geisteshaltung, die zeigt, wie nötig das Projekt Spielstraße | |
eigentlich gewesen wäre – als erzieherische Maßnahme für die | |
Anwohnerschaft. Die Straße den Autofahrern, die Kinder auf die Spielplätze | |
verstaut, wo sie bitte nicht stören? Doch, das kann man durchaus als eine | |
kinderfeindliche Haltung bezeichnen. | |
Aber viel wichtiger noch: Es ging bei der Spielstraße auch um die | |
symbolische Frage, wem die Straße gehört. Allen – oder wenigen, nämlich den | |
Auto fahrenden Anwohnern. Der Bezirk hätte auf einer Grundsatzentscheidung | |
vor Gericht bestehen sollen. Dann hätte man vielleicht verloren – aber | |
wenigstens keinem Kompromiss zugestimmt, der eigentlich auch bloß eine | |
Niederlage ist. Reclaim the street! Dieses Mal leider nicht. | |
25 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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