| # taz.de -- Pop-Linke zur Brit-Wahl: Generation Grime wählt Labour | |
| > Die Kultur- und Pop-Szene schöpft Hoffnung nach Jeremy Corbyns | |
| > Wahlerfolg. Die HipHop- und Grime-Szene hat sich für ihn stark gemacht. | |
| Bild: Jeremy Corbyn verlässt das Wahlbüro, 8. Juni 2017 | |
| Schwierige, aber spannende Zeiten – so ließe sich die Atmosphäre in | |
| Großbritannien nach der Wahl vom Donnerstag zusammenfassen. Endlich | |
| verspricht die politische Sphäre, wieder aufregend zu werden. | |
| „Das britische Pfund bricht ein, die Hoffnung steigt“, schrieb etwa der | |
| britische Musikkritiker Simon Reynolds unmittelbar nach Bekanntgabe des | |
| Wahlergebnisses auf Facebook. Mehr als 72 Prozent aller stimmberechtigten | |
| Briten zwischen 18 und 25 Jahren waren zur Wahl gegangen, meldete das | |
| Magazin Metro: Es wurde eine lange Nacht, in der die Konservativen | |
| dramatische Verluste hinnehmen mussten, ihre absolute Mehrheit ging | |
| verloren, selbst in absoluten Hochburgen setzte es Verluste. Labour hatte | |
| dagegen massiv aufgeholt. | |
| Und Reynolds drückte mit seinem Post nur das aus, was viele Briten denken: | |
| Sie sind nicht mehr bereit, die Austeritätspolitik der Regierung | |
| mitzutragen, und sie haben die Arroganz der Eliten satt: „Die unter | |
| 30-Jährigen mögen Corbyn, aber sie sind zu faul, um wählen zu gehen“, | |
| diktierte ein Tory-Abgeordneter kürzlich siegessicher dem Internetmagazin | |
| Huffington Post. | |
| Der Grime-Rapper JME antwortete: „Mischt euch ein, hört genau hin, lernt | |
| und wählt diejenigen, die für uns am besten sind.“ Und gerade die Jungen | |
| stimmten dann massenweise für Labour. | |
| Zuvor hatten Popstars wie Massive Attack und vor allem junge | |
| Grime-RapperInnen, die bei der Jugend Gehör finden, aktiv für eine | |
| Wahlbeteiligung der ErstwählerInnen und für die Politik der Labour Party | |
| geworben. „My Man Jeremy, I dig what he says“, erklärte etwa der Rapper | |
| Stormzy, dessen Album im Frühjahr wochenlang an Nummer 1 der britischen | |
| Charts stand. | |
| Man sollte die einende gesellschaftliche Kraft von Pop in Großbritannien | |
| nie unterschätzen: In der Solidaritätskampage „Grime4Corbyn“ sammelten si… | |
| zahlreiche HipHop-Aficionados, um für Jeremy Corbyn, den alten Mann der | |
| Labour Party, zu stimmen, der – anders als im Rest der Welt – in | |
| Großbritannien als ein Symbol für die Abkehr von New Labour und der Politik | |
| eines Tony Blair steht. | |
| „Ich möchte in einem Land leben, das progressiv ist, offen und frei, aber | |
| auch Schutz bietet vor Extremismus und Unterdrückung“, posteten Massive | |
| Attack in einem von den Musikern Grantly „Daddy G“ Marshall und Robert „3… | |
| Del Naja unterschriebenen Eintrag auf ihrer Facebook-Seite, der | |
| zigtausendmal geteilt wurde. „Was wir brauchen, ist eine Regierung, die | |
| gegen Armut und gesellschaftliche Ungleichheit ankämpft und in die Bildung | |
| investiert. Dafür bin ich auch bereit, mehr Steuern zu zahlen.“ | |
| Es mag bizarr anmuten, viele Jüngere entdecken gerade ihre | |
| staatsbürgerlichen Pflichten: „Als Fußballprofi bin ich privilegiert, ich | |
| sollte also für einen niedrigen Steuersatz sein, wie er von den | |
| Konservativen vertreten wird, das tue ich nicht. Es geht uns ALLE an, es | |
| geht um die ganze Gesellschaft“, twitterte der afrobritische Fußballer Liam | |
| Rosenior. Auch sein Tweet stieß auf breite Resonanz. | |
| 9 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Weber | |
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