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# taz.de -- Neues Album von Käptn Peng: Unruhestifter mit Wobwobwob
> Es klackert, schnarrt und piept: Das neue Album des Berliner Kollektivs
> um Käptn Peng ist nicht mit Mainstream-HipHop vergleichbar.
Bild: Käptn Peng und die Tentakel von Delphi im Mai 2017 in Hamburg
Arme lockern, winken wie eine japanische Glückskatze und sich getreu dem
Motto „Ich denke nicht, ich tanze“ dem Beat hingeben: Wenn die Berliner
Künstler Käptn Peng und Die Tentakel von Delphi im Song „Neue Freunde“
rappen „Ihr seid Türen und wir sind Zäune/doch wir sind ab heute eure neuen
besten Freunde“, dann will man das laut skandieren. Die Band steht für
einen sprachlich und musikalisch versierten Umgang mit den Wurzeln des
HipHop und veröffentlicht nun mit „Das nullte Kapitel“ ihr zweites Album.
Wie Käptn Peng und seine Band klingt? Schrill, skurril, schnell. Beim
ausverkauften Berliner Konzert vergangene Woche war das Publikum am Ende
verschwitzt und euphorisiert: Hier kann jemand wirklich rappen! Das Gesicht
des Käptn Peng kennt man dabei aus dem Fernsehen. Denn wenn er keine
absurden Reime ersinnt, ist Robert Gwisdek Schauspieler und Autor.
Intensive blaue Augen, Strubbelhaare, leicht irrer Blick, so war er erst
kürzlich im „Tatort“ zu sehen. Und sein Buchdebüt „Der unsichtbare Apfe…
erschien 2014. Seiner Karriere als Rapper steht das nicht im Wege, eher im
Gegenteil: Glaubt man den abgedrehten Reimen des 33-Jährigen, vereint er
ohnehin noch weitere Persönlichkeiten in seiner Künstler-Persona.
Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Johannes, bekannt unter dem
Künstlernamen Shaban, veröffentlicht er seit 2012 auf dem eigenen Label
Kreismusik vor allem deutschsprachigen Rap. Ihr eigenes Album als Duo, „Die
Zähmung der Hydra“, war damals das erste Release der Plattenfirma. Seit
2013 haben die beiden Brüder – Söhne der SchauspielerInnen Michael Gwisdek
und Corinna Harfouch – das Duo zum Quintett anwachsen lassen. Gemeinsam mit
Bassist Boris Nielsen, Gitarrist Moritz Bossmann und Perkussionist Peter
Bartz nennen sie sich seither Käptn Peng und Die Tentakel von Delphi.
## Trash-Punk-Rap-Shit mit Fahrradklingel
Schon ihr Debütalbum „Expedition ins O“ (2013) hatte diesen eigenwilligen
Sound, den Gwisdek selbst als „Trash-Punk-Rap-Shit“ charakterisiert. Als
Instrumente dienten ihnen dabei gern auch mal Bürsten, Töpfe,
Fahrradklingeln oder Betonkübel. Einer ihrer ersten Hits war „Der Anfang
ist nah“, der aufgrund des ausgefallenen Textes gut ankam – und auch
[1][das humorvolle, filmisch abwechslungsreiche Musikvideo] klickte sich
wie wild. Bis heute sahen es 2,8 Millionen Menschen bei YouTube.
Prall gefüllt mit dieser übersprudelnden Kreativität ist auch das neue
Album, vielleicht ist „Das nullte Kapitel“ sogar noch vielfältiger,
selbstsicherer und abgedrehter. Textprobe: „Ich erwachte in einem
Spiegelkabinett / Meine Haut war mit rasierten Igeln bedeckt (What?) / Sie
fielen ab und griffen meine Reflexion an / Mir fehlten alle Zähne und ich
hatte keine Hosen an“. Das wird zuvor mit dem Satz „Nach einer wahren
Begebenheit“ angekündigt.
Gut anzuhören sind auch die romantisch-anmutenden Töne, etwa der Song
„Tango im Treibsand“, eine gekrächzte, abermals kuriose Liebesballade.
Statt die Logik der Texte zu hinterfragen, die Beateffekte zu analysieren,
kann man sich an den skurrilen Bildern und dadaistischen Wortspielen laben.
Denn die Tracks stiften angenehme Unruhe im Kopf, verwirren und entlocken
immer wieder Schmunzler. Aber man muss diesen Zustand ja auch nur auf
Albumlänge durchleben – Käptn Peng dagegen muss seinen Gedankenstrom immer
ertragen. Rappen, so sagt er, helfe gegen das „Gewitter im Kopf“.
## Verstörend, beschwingend, eigenwillig, abwechslungsreich
Bereits die Titel der 15 Songs des neuen Albums, etwa „Wobwobwob“ oder
„Backpfeifenernte auf dem Alphabeet“ verraten den Hang zum Absurden, wozu
etwa das Rappen über die Zahl Pi zählt. Trotz der deutschen Texte will die
Assoziation „Deutschrap“ nicht aufkommen, denn was die Tentakel sprachlich
wie auch musikalisch anstellen, lässt sich schwer vergleichen mit dem
hiesigen Mainstream.
Explizite, literarisch ansprechende Gesellschaftskritik wird etwa in dem
Song „Gelernt“ geübt. Das Thema: Die Selbstwahrnehmung junger Frauen und
wie sie ihnen eingetrichtert wird. Die Texte Gwisdeks sind literarisch
anspruchsvoll, im Gegensatz zum meist authentizitätsfixierten
Mainstream-Rap.
So klingen die Tracks gleichermaßen verstörend, beschwingend, eigenwillig
und abwechslungsreich in den Beats und im Gesamtsound. Da klackert,
schnarrt oder piept es, da weckt die Musik schon mal die Assoziation einer
aufgezogenen Spieluhr. Aber klar, Käptn Peng und Die Tentakel von Delphi
haben ja auch schön viel Wobwobwob. Was auch immer das sein mag.
30 May 2017
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=vqRWMDv0r78
## AUTOREN
Linda Gerner
## TAGS
HipHop
Rap
Musik
Deutscher Film
Schauspieler
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