# taz.de -- US-Rap-Elektropunk-Duo Ho99o9: Luft ablassen mit Donald | |
> Das Duo Ho99o9 mixt auf „United States of Horror“ Punk und Rap als | |
> Cocktail. Die Genremischung, die es dabei kreiert, ist spektakulär. | |
Bild: Ho99o9 live in Barcelos | |
Es ist ein sprechender Name, den die beiden US-Rapper TheOGM und Eaddy | |
ihrer Crew gegeben haben. Ho99o9 nennt sich das Duo schlicht, gesprochen: | |
Horror. Und einer, der ihrer Musik gerecht wird, denn in Krachorgien setzen | |
sich die Künstler aus Los Angeles auf rüde Art und Weise mit dem Horror der | |
Gegenwart auseinander. Dass die Ziffern „666“ in vielen Ländern für | |
„Teufel“ und „Emergency“ stehen, passt ins Bild. | |
Nachdem Ho99o9 mit dem Mixtape „Dead Bodies in the Lake“ (2015) und vor | |
allem mit ihren Auftritten für Aufsehen sorgten, kommt nun mit „United | |
States of Horror“ ein Album, das einen Nerv trifft, weil es die | |
Grundgefühle von Angst und Hass, die fragile Atmosphäre in den USA und der | |
Welt aufnimmt. Weil es fragt, welche Kunst in Zeiten von Donald Trump, von | |
Rassismus gegenüber Afroamerikanern und Latinos, von einer Welt in Trümmern | |
möglich ist. Die Antwort: eine destruktive, eine gewaltsame, eine radikale. | |
Die Genremischung, die Ho99o9 dabei kreieren, ist spektakulär. US-Hardcore | |
alter Schule findet zusammen mit rüden Rap-Attacken, dazu kommt | |
elektronisch aufbereiteter Punk, Gabba und Industrial. Übersteuerte Beats, | |
S.O.S. blinkende Synthies und runtergebretterte Akkorde bestimmen das | |
Gesamtbild. Bands wie House of Pain, Atari Teenage Riot und Black Flag | |
kommen einem gleichermaßen in den Sinn, wenn man „United States of Horror“ | |
hört. | |
Auch Album-Illustration [1][und Videoclips] – collagiertes Material aus | |
politischen Symbolen, Kriegsbildern, Straßenschlachten, Bränden – erinnern | |
an die Blütezeit von US-Punk, speziell an die Dead Kennedys. Musikalisch | |
arbeiten Ho99o9 mit der Mimesis von MG-Salven und Bombenexplosionen. Neu | |
ist das alles nicht, aber neu ist die Mischung. TheOGM und Eaddy übersetzen | |
individuelle und gesellschaftliche Kaputtheit in Klang und Bilder, Zeilen | |
wie „Cause niggas like me go to hell“ und ein fies verzerrt gesungenes | |
„Money makes the world go round“ („Moneymachine“) wirken dabei eher ät… | |
finster und stimmig als platt und parolenhaft. | |
Vor allem wie der Gesang in den 17 Songs auf „United States of Horror“ | |
variiert wird, überzeugt ästhetisch: Mal spricht aus diesen Stimmen tief | |
verzerrt der Tod, mal brüllen Ho99o9, dann wieder kreischen sie. Und | |
eigentlich, so legen diese gut 45 Minuten nahe, kann die Kunst im Angesicht | |
der Gegenwart nur noch stammeln, lallen, würgen. Aber mit ein bisschen | |
Gebrüll und Gitarrengewummer kann man wenigstens mal Luft ablassen. | |
31 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://youtu.be/7saY1yWyWbc | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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