| # taz.de -- #Eurovision am Dnipro Folge 4: Russland ist hier nah und fern | |
| > Ein junger russischer Journalist darf vor Ort über den ESC berichten. Im | |
| > nächsten Jahr würde er sich über ein bisschen politische Ruhe freuen. | |
| Bild: Sänger Jewhen Halytsch von der Band O.Torwald, mit der die Ukraine an de… | |
| Nicht, dass überall alle Ukrainer*innen in Paranoia verfallen sind. Nein, | |
| nicht überall lauern Russen und Russinnen, um die Ansprüche der Ukraine an | |
| Europäisierung und westlichem Leben zu zerbröseln. Anderseits, so sagt mir | |
| ein Polizist: „Weiß man es genau?“ Im Medienbereich des Eurovision Song | |
| Contest werden die nachgerade überjugendlichen Gefühlsausbrüche russischer | |
| Journalisten vermisst. So war es doch all die Jahre: Ein russicher Künstler | |
| (männlich oder weiblich) probt – und im Pressezentrum bricht eine | |
| unnatürliche Begeisterung aus, dazu wird getanzt und mit den Händen | |
| angespornt – gen Fernsehschirme. | |
| Jetzt sind nur wenige russische Kollegen an der Arbeit. Einer wie Mikhail | |
| Kesarev, sehr blond, sehr dünn – und seit Tagen in Kiew. Der Grenzübertritt | |
| mit dem Auto? “Problemlos. Hat aber ein bisschen gedauert“, sagt er. | |
| Kesarev, 29 Jahre, ist von ruhigem Typ – und „ich war auch nicht aufgeregt | |
| an der Grenze. In meinem Pass sind zwar viele Stempel, aber ich war nie auf | |
| der Krim nach der russischen Abtrennung dieser Insel von der Ukraine.“ | |
| Er durfte also rein – und das unterscheidet ihn von, wie es in den | |
| TV-Nachrichten hieß, [1][„mehreren“ russischen Journalisten, die in Listen | |
| verzeichnet waren], wahrscheinlich durch die Sicherheitsbehörde SBU dort | |
| notiert. Soll heißen: Sie waren auf der Krim oder haben sich sonstwie | |
| antiukrainischer Propaganda schuldig gemacht. Kurz: Sie dürfen nicht nur | |
| nicht vom ESC direkt berichten – sie dürfen überhaupt nicht ins Land. | |
| Man wolle nicht, heißt es, junge Russen ins Land lassen. Man könne ja nicht | |
| wissen, ob es nicht verkappte Agenten, Soldaten oder andere | |
| Infiltrationsmenschen sind. Auf deutsche Verhältnisse bezogen ließe sich | |
| sagen: Man möchte in der Ukraine keine Feinde im eigenen Land – und treten | |
| sie auch so sehr im Gewand der Eurovisionsfreund*innen auf. | |
| Kesarev jedenfalls arbeitet für seine Website, er findet es schade, dass | |
| Russland nicht mitmachen will („Sie wollten von Anfang nicht“), aber sein | |
| Herz hängt nicht an Acts aus der eigenen Heimat. Der junge Mann, der mir | |
| schwört, für seine offenherzigen Worte keinen Mut haben zu müssen, „denn | |
| ich habe keine Angst“, würde sich aber über etwas politische Ruhe freuen: | |
| „Nächstes Jahr soll es dort sein, wo alle hinfahren, ohne dass es Konflikte | |
| vorher, nachher oder zwischendurch gibt.“ | |
| Jedenfalls wird es nicht wieder in Kiew (oder sonstwie in der Ukraine) | |
| sein. Der Beitrag des Landes bei diesem Eurovisionsfestival ist eher | |
| rockiger Art, gespielt von einer dauerschlechtgelaunten Gruppe namens | |
| O.Torwald – sie wird niemals gewinnen. Typisch Gastgeberland beim ESC: Wenn | |
| es selbst die Megaveranstaltung zu organisieren hat, nimmt man gern einen | |
| Act, der lausig, um nicht zu sagen: siegesunfähig ist. Auch hier macht die | |
| Ukraine alles sehr, sehr richtig. | |
| 9 May 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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