# taz.de -- Kommentar Ukraine und der ESC: Kein Signal an Europa | |
> Das Gastgeberland versäumt es, die Show für ein politisches Statement zu | |
> nutzen. Die Schuld liegt auch bei der ukrainischen Elite. | |
Bild: Die Ukraine wusste mit der Werbeplattform namens ESC kaum etwas anzufangen | |
Ein Eurovision Song Contest hat mehr als 150 Millionen Zuschauer*innen. | |
Jedes Jahr. Und jedes Veranstalterland hat eine eigene These, die es dem | |
Publikum ans Herz legen will. Die Ukraine wollte den ESC unbedingt | |
gewinnen, um in Europa nicht mehr als Appendix Russlands verortet zu | |
werden. | |
Aber dem Entertainment aus Kiew mit dem [1][Finale am Samstag] fehlte es | |
genau daran. Keine Spur davon, dass die Ukraine in irgendeiner Form lockend | |
auf sich aufmerksam gemacht hätte. Dass die Organisatoren etwas in Bild und | |
Ton gesetzt hätten, was signalisiert: Hey, Europa, wir gehören zu euch. | |
Oder dass wenigstens der Spruch auf dem ausgebrannten Kaufhaus am Maidan | |
zur Geltung gekommen wäre: „Freedom is our religion.“ | |
Die Show hätte überall gegeben werden können – dass sie in Kiew angesiedelt | |
war, wurde nicht in einen politischen Kontext gesetzt. Man konnte erahnen: | |
Die Ukraine ist so sehr mit sich selbst – und Russland – beschäftigt, so | |
extrem im Sumpf auch der eigenen Verantwortung verhaftet, dass sie mit | |
dieser Werbeplattform namens ESC kaum etwas anzufangen wusste. | |
Mag sein, dass die Korruption, der Krieg im Osten der Ukraine, die | |
Migration innerhalb des Landes und die ökonomische Misere schlechthin das | |
Ihre dazu beitragen, „Europa“ vielleicht verheißen, aber nicht verkörpern | |
zu können. Ein Kenner nennt seit seinen Erfahrungen mit dem ESC in der | |
Ukraine diese einen failed state. Das ist übertrieben. | |
Dass die Ukraine am Ende mit dem Pfund, mit dem zu wuchern gewesen wäre, | |
nichts anfangen konnte, liegt auch an der politischen Elite des Landes. | |
Viele wollten Posten im ESC-Vorbereitungskomitee – aber nichts an Arbeit | |
leisten. Der ESC als Public Viewing Event fiel dem kalten Nieselregen in | |
Kiew zum Opfer? Eine Ausrede, sonst nichts. | |
Für die Hoffnungslosen bleibt ein Trost: Ukrainer*innen kommen seit voriger | |
Woche visumfrei in den Schengenraum. Viele sagen sich: Nichts wie weg hier. | |
14 May 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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