# taz.de -- European Song Contest in Israel: Ukrainerin sagt Teilnahme ab | |
> Die Sängerin Maruv streitet sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. | |
> Der diktiert ihr Bedingungen, was Auftritte in Russland angeht. | |
Bild: Keine Promo für PolitikerInnen: Die ukrainische Sängerin Maruv | |
Kiew taz | Nur wenige Stunden vor der Vorentscheidung für die diesjährige | |
Eurovision Song Contest war die Sängerin Hanna Korsun, Künstlerinnenname | |
„Maruv“, eingeladen worden, sich doch auch am Wettbewerb zu beteiligen. Und | |
sie hatte überzeugt. Mit überwältigender Mehrheit hatte die Jury Maruv zur | |
Siegerin erklärt, die die Ukraine bei der nächsten Eurovision im Mai im | |
israelischen Tel Aviv vertreten sollte. | |
Doch die Freude der Sängerin, für das Land, „das ich sehr liebe“ in Israel | |
singen zu können, währte nicht lange. Plötzlich erinnerte sich der | |
Veranstalter, dass Maruv ja auch in Russland auftrete. Unterstützt wurde er | |
vom ukrainischen Vize-Premierminister Wjatscheslaw Kirilenko und von | |
Kultusminister Ewgenij Nischtschuk. Die Ukraine sollte keinen Künstler zu | |
dem Songwettbewerb entsenden, zitiert das ukrainische Internetportal | |
„Detektor Media“ Wjatscheslaw Kirilenko, der in Russland aufgetreten sei | |
oder dies noch vorhabe. | |
In einem Gespräch zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der | |
Sängerin, das nach Angaben Maruvs sieben Stunden dauerte, unterbreiteten | |
die Organisatoren der Auswahlshow der Siegerin Bedingungen für eine Reise | |
nach Tel Aviv. | |
So sollte sie für drei Monate alle Konzerte in Russland absagen, ohne | |
Genehmigung des Senders keine Programmänderungen vornehmen sowie keinen | |
Kontakt zu Journalisten unterhalten. Diese Bedingungen lehnte „Maruv“ ab. | |
Sie wolle ihren Zuhörern ihre Kunst „ohne Zensur vortragen“, begründete s… | |
ihren Standpunkt. „Ich bin nicht bereit, mit Slogans aufzutreten, die mein | |
Mitwirken am Wettbewerb zu einer Promo-Aktion unserer Politiker machen. Ich | |
bin Musikerin, nicht Kämpferin auf der politischen Arena.“ zitiert der | |
ukrainischsprachige „Detector Media“ die Künstlerin. | |
## Gefahr von Spaltung | |
In einer Presseerklärung begründet der Rundfunkrat seine Entscheidung. Wer | |
von der Ukraine auf eine internationale Bühne entsandt werde, der habe auch | |
Pflichten. Er oder sie sei gewissermaßen KulturbotschafterIn des Landes, | |
heißt es darin. Und so überbringe diese Person nicht nur Musik, sondern | |
bringe der Welt auch die Meinung der ukrainischen Gesellschaft näher. | |
Inzwischen, so der Rundfunkrat, sei das Auswahlverfahren für die Eurovision | |
politisiert. Diese Politisierung berge die Gefahr einer Spaltung in sich. | |
Und eine Spaltung der ukrainischen Gesellschaft stehe den Zielen des | |
öffentlichen Rundfunks entgegen: Dessen Aufgabe sei es per Gesetz, die | |
Gesellschaft zu konsolidieren. | |
Ob der Rundfunkrat in der Tat die Gesellschaft mit seiner Entscheidung | |
konsolidiert hat, kann bezweifelt werden. In den sozialen Netzwerken findet | |
sich jedenfalls wenig Unterstützung für diese Entscheidung. So meint eine | |
Marina Daniljuk-Jarmolajewa, es sei besser, die Regeln vor dem Wettbewerb | |
und nicht danach zu schreiben. Ein Olexandr Hajduk fordert gar die | |
Disqualifizierung der Ukraine von dem Songcontest. | |
Die vom Rundfunkrat angeprangerte Politisierung der Eurovision ist in der | |
Tat nichts neues. 2016 hatte die Krimtatarin Dschamallah mit ihrem Titel | |
„1944“, der auf die Deportation der Krimtataren unter Stalin anspielte, für | |
die Ukraine den ersten Platz geholt. Im darauf folgenden Jahr verbot die | |
Ukraine der russischen Sängerin Julia Samoylova die Einreise in die | |
Ukraine, weil Samoylova auch auf der von Russland 2014 völkerrechtswidrig | |
annektierten Halbinsel Krim aufgetreten war. | |
Vor wenigen Tagen waren die von der Krim stammenden ukrainischen | |
Sängerinnen Anna und Maria Opanasjuk zur Zielscheibe von Kritik geworden, | |
weil sie die Frage, wem die Krim gehöre, nicht eindeutig beantwortet | |
hatten. Die Schwestern Anna und Maria brauchen indes kein Reiseverbot zu | |
befürchten. Sie kamen bei dem Auswahlverfahren auf den letzten Platz. | |
26 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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