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# taz.de -- Hamburger Luft schlechter als befürchtet: Fehlerhaftes Gutachten
> Der Entwurf der Umweltbehörde basiert auf falschen und viel zu niedrigen
> Emissionswerten. Fahrverbote für Dieselautos wären wirkungslos
Bild: 23 bis 92 Prozent mehr Stickoxide: Dieselautos sind noch dreckiger, als d…
Hamburg taz | Mindestens peinlich ist es, wenn einem Politiker die eigenen
Worte auf die Füße fallen. So wie jetzt dem grünen Umweltsenator Jens
Kerstan. „Als erste Großstadt legen wir einen Plan vor, der alle Maßnahmen
auf ihre Wirksamkeit hin berechnet“, hatte er am 2. Mai bei der
Präsentation des Luftreinhalteplans behauptet. Jetzt, nur drei Wochen
später, erweist sich, dass dieser Entwurf teilweise auf veralteten Zahlen
und falschen Annahmen beruht. „Er ist in wesentlichen Aussagen Makulatur“,
bewertet das Manfred Braasch, Chef des Hamburger Umweltverbandes BUND.
Die Umweltbehörde hat auf der Basis von Gutachten die Emissionen von
Dieselautos viel zu niedrig angesetzt. Fahrzeuge mit der Euro-Norm 4 stoßen
nach neuen Berechnungen des Umweltbundesamtes vom 24. April 23 Prozent mehr
Stickoxide aus als bislang angenommen; bei der Euro-Norm 5 sind es 33
Prozent mehr und bei der vermeintlich saubersten Kategorie 6 sogar satte 92
Prozent. Die Fahrverbote für Dieselautos auf Teilen der Stresemannstraße
und der Max-Brauer-Allee, die der Plan vorsieht, dürften deshalb ins Leere
laufen: In der Realität ist die Atemluft in Hamburg noch deutlich
schlechter als befürchtet.
„Völlig überraschend“ sei die Neubewertung des Umweltbundesamtes gekommen,
sagt der Sprecher der Hamburger Umweltbehörde, Björn Marzahn. Zudem hätten
am 24. April die Gutachten bereits „durchgerechnet“ vorgelegen, eine
Aktualisierung bis zum 2. Mai wäre also nicht möglich gewesen. Jedoch
enthalte der Luftreinhalteplan bei der Euro-Norm 6 einen Korrekturfaktor
von 1,9, der die fast doppelt so hohen tatsächlichen Stickstoff-Emissionen
somit abdecke. Bei den Normen 4 und 5 allerdings nicht – und in diese
Kategorie fallen etwa zwei Drittel der rund 336.000 Hamburger
Dieselfahrzeuge.
Somit steht die Wirksamkeit des Plan insgesamt zur Disposition. Er liegt
noch bis zum 8. Juni öffentlich aus, Bürger und Verbände können
Einwendungen erheben. Ob diese aber auf der Basis falscher Daten von der
Behörde rechtssicher geprüft und beschieden werden können, ist äußerst
zweifelhaft. Der Plan sei „fehlerhaft, fahrlässig und mangelhaft“,
kritisiert der FDP-Abgeordnete Michael Kruse, „und öffnet Klagen der
Umweltverbände Tür und Tor“, so seine Befürchtung.
Denn bis zum 30. Juni muss der Luftreinhalteplan vom Senat endgültig
beschlossen worden sein, um einem Urteil des Verwaltungsgerichts Genüge zu
tun (siehe Kasten). Ansonsten droht Hamburg Zwangsgelder zahlen zu müssen.
Wie aber die Umweltbehörde binnen vier Wochen ein wasserdichtes
Maßnahmenpaket auf korrekter Datengrundlage erarbeiten will, ist vollkommen
offen. Behördensprecher Marzahn verbreitet vorsichtshalber Optimismus.
Es sei „überhaupt nicht ausgemacht“, dass die Ergebnisse aktualisierter
Berechnungen „sich außerhalb des Korridors unserer Werte bewegen könnten“.
Aber möglich ist es sehr wohl.
22 May 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Diesel
Klima
Emissionen
Hamburg
Luftverschmutzung
Abgase
Schadstoffe
Fahrverbot
Strafzahlung
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