| # taz.de -- Neue Regierung in Frankreich: Bunte Mischung | |
| > Der Außenminister ein Sozialist, ein Konservativer wird | |
| > Wirtschaftsminister und die Verteidigungsministerin ist eine Liberale. | |
| Bild: Der Präsident besetzt das Kabinett nach Proporz und Quoten | |
| Paris taz | In seiner ersten Regierung hat Frankreichs neuer Präsident | |
| Emmanuel Macron die Schlüsselposten mit Getreuen besetzt. Innenminister | |
| wird sein väterlicher Mentor Gérard Collomb, der als einer der Ersten an | |
| sein politisches Abenteuer geglaubt hat und bisher Bürgermeister von Lyon | |
| war. François Bayrou, der zentrumsdemokratische Alliierte, ist neuer | |
| Justizminister. | |
| Ein anderer alter Hase der Politik, der bisherige sozialistische | |
| Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian wechselt ins Außen- und | |
| Europaministerium, er bekommt dort als Ergänzung eine Vizeministerin: | |
| Marielle de Sarnez, eine Vertraute von Bayrou. Macrons Wahlkampagnenchef | |
| Richard Ferrand wird Minister für den territorialen Zusammenhalt. Eine | |
| andere Kampfgefährtin der ersten Stunde der Bewegung „En marche!“, die | |
| Europapolitikerin Sylvie Goulard, übernimmt als Verteidigungsministerin das | |
| Kommando. | |
| In der Liste der 18 Minister und Vizeminister fallen vor allem zwei | |
| wichtige Exponenten der konservativen Partei „Les Républicains“ auf: | |
| Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Haushaltsminister Gérald Darmanin. | |
| Auch die Ernennung des sehr populären Umweltschützers Nicolas Hulot als | |
| Minister für Umwelt wird in Frankreich viel zu reden geben. Hulot hatte | |
| sich bisher standhaft geweigert, sich in Partei- und Regierungsgeschäfte | |
| einbinden zu lassen. Man darf vermuten, dass Macron ihm umweltpolitische | |
| Zugeständnisse machen musste, damit er sein Jawort gab. | |
| Bekannt ist auch die mehrfache Olympiasiegerin im Degenfechten aus | |
| Guadeloupe, Laura Flessel, die Sportministerin wird. In der Regierung gibt | |
| es aber nicht nur Altbekannte, sondern auch eine ganze Reihe von | |
| Gesichtern, die in der Politik neu sind. Das gilt beispielsweise für | |
| Kulturministerin Françoise Nyssen, die den Buchverlag Actes Sud geleitet | |
| hat. | |
| ## Kleiner und kompetenter | |
| Wie versprochen ist das Kabinett von achtzehn Ministern und vier | |
| Staatssekretären paritätisch: elf Frauen, elf Männer. Die Staatsspitze aber | |
| bleibt mit dem Staatschef und seinem Premierminister Edouard Philippe in | |
| Männerhand. | |
| Macron und Philippe haben bei der Regierungsbildung die Nation auf die | |
| Folter gespannt. Ursprünglich sollte die Zusammensetzung des | |
| Ministerkabinetts am Dienstag bekannt gegeben werden. Als Begründung der | |
| Verzögerung wurde den Medien dann mitgeteilt, die Behörde für Transparenz | |
| in der Politik und die Steuerinspektionen sei beauftragt worden, alle | |
| Kandidaten und Kandidatinnen für einen Regierungsposten zu prüfen. Die | |
| „Moralisierung“ in der politischen Chefetage hat für Macron Priorität. Das | |
| ist nach den diversen Affären um frühere Minister verständlich. In | |
| Wirklichkeit wurde hinter den Kulissen auch noch um die definitive | |
| Zusammensetzung gefeilscht. | |
| Das Schema der Auswahl war im Voraus bekannt: Macron wollte ein kleineres | |
| und kompetentes Team, das sich einerseits auf einigen Schlüsselposten aus | |
| Leuten mit Regierungserfahrung und zum anderen, größeren Teil aus eher | |
| jungen Leuten mit Kompetenzen aus dem Berufsleben zusammensetzen sollte. | |
| Die eigentliche Schwierigkeit bestand darin, bei der Nominierung | |
| gleichzeitig auch die politische Ausgewogenheit zu wahren, die den | |
| strategischen Sockel von Macrons Staatsführung darstellt. | |
| Sympathisanten aus den Reihen der Sozialisten und der Grünen und der | |
| bürgerlichen Mitte und Rechten sollen ebenso sich repräsentiert fühlen wie | |
| Junge, die sich zum ersten Mal engagieren. Die Regierungsbildung verfolgt | |
| zudem ganz unverhohlen ein wahltaktisches Ziel. Macron braucht unbedingt | |
| eine Mehrheit im Parlament und hat damit allen Anlass, die Krise der | |
| traditionellen Parteien zu verschärfen, um so in der Mitte zum | |
| Anziehungspol fortschrittlicher Kräfte von links und rechts zu werden. | |
| Die Konservativen von Les Républicains waren schon durch die Ernennung | |
| eines Premierministers aus ihrer politischen Familie in Verlegenheit | |
| gebracht worden. Die seit Längerem schwelende interne Spaltung wird durch | |
| den Eintritt von Le Maire und Darmanin nun noch verschärft. Rund dreißig | |
| bekannte LR-Politiker haben sich außerdem in einem offenen Brief dafür | |
| ausgesprochen, die von Macron „dargereichte Hand“ für eine Zusammenarbeit | |
| zu nutzen. | |
| Macrons Bewegung „La République en marche“ (REM) will in rund dreißig | |
| Wahlkreisen gegen bisherige Abgeordnete anderer Parteien, die sich jetzt | |
| der Regierungsmehrheit anschließen wollen, keine Konkurrenten aufstellen. | |
| Die LR-Parteiführung dagegen spricht von einer diskreditierenden | |
| „Abwerbung“ und kündigt bereits einen rechten Oppositionskurs gegen die | |
| Regierung ihres bisher nicht aus LR ausgeschlossenen Parteifreundes Edouard | |
| Philippe an. | |
| 17 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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