# taz.de -- Kommentar Türkei-Bundeswehrabzug: Das Hin und Her um Incirlik | |
> Die Bundeswehr droht, ihre Soldaten aus Incirlik abzuziehen. Welchen Sinn | |
> ergibt es jetzt noch, die Türkei als Pseudopartner in der Nato zu halten? | |
Bild: Die Bundeswehr macht einen Abflug aus Incirlik | |
Etwas anderes, als Konsequenzen zu ziehen, bleibt der Bundesregierung schon | |
lange nicht mehr übrig. Am Montag hat sie das endlich auch selbst erkannt. | |
Nach fast einem Jahr Streit über eine Selbstverständlichkeit wie das | |
[1][Besuchsrecht für deutsche Abgeordnete] gibt es zum Abzug der Bundeswehr | |
aus Incirlik keine Alternative mehr. Bleibt eigentlich nur noch eine Frage: | |
Welchen Sinn es jetzt noch ergibt, die Türkei als Pseudopartner in der Nato | |
zu halten. | |
Dabei geht es noch nicht mal um den Niedergang von Rechtsstaatlichkeit und | |
Menschenrechten in der Türkei nach dem Putschversuch im vergangenen Jahr. | |
Im Nordatlantikvertrag beschwören die Nato-Mitglieder zwar „Demokratie, | |
Freiheit der Person und Herrschaft des Rechts“. Bei der Wahl der Partner | |
waren diese Punkte aber noch nie ein Ausschlusskriterium. Schon die | |
Militärdiktatur der 1980er Jahre führte nicht zum Rauswurf; wichtiger war | |
es der Allianz, den Verbündeten an der Schwelle zum Nahen Osten nicht zu | |
verlieren. | |
Im Jahr 2017 kann die Nato aus der Partnerschaft aber nicht mal mehr | |
geostrategisch einen Nutzen ziehen. Auch die Vorstellung, über gemeinsame | |
Strukturen innenpolitisch Einfluss zu nehmen, ist eine Illusion geworden. | |
Die Hoffnung, Ankara zumindest sicherheitspolitisch einhegen zu können, hat | |
sich zerschlagen – das zeigen die türkischen Alleingänge gegen Kurden im | |
eigenen Land, in Syrien und im Irak. Und die Erwartung, durch die | |
Partnerschaft mit der Türkei unkompliziert Zugang zu Militärstützpunkten an | |
der Grenze zum Nahen Osten zu erlangen, geht nun auch nicht mehr auf – das | |
zeigt das Hin und Her um Incirlik. | |
Bleibt nur noch ein Argument dafür, die Türkei in der Nato zu halten: Die | |
Aussicht darauf, in einer Zeit nach Erdoğan wieder an die alte | |
Zusammenarbeit anknüpfen zu können. Absehbar ist das aber ganz und gar | |
nicht. Und das Prinzip Hoffnung ist für ein gemeinsames | |
Verteidigungsbündnis zu wenig. | |
15 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Tuerkei-verweigert-Einreise/!5409194/ | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Incirlik | |
Schwerpunkt Türkei | |
Bundeswehr | |
Türkei | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Incirlik | |
Incirlik | |
Incirlik | |
Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Essay Nato und die Türkei: Die falsche Toleranz | |
Als Partner wird die Türkei immer schwieriger. Die Vorteile für die Nato | |
schrumpfen immer mehr. Ist ihr Verbleib im Bündnis noch sinnvoll? | |
Kommentar Treffen der EU mit Erdoğan: Türkei bleibt Hängepartie | |
Präsident Erdoğan hat sein Präsidialsystem durchgesetzt. Nun muss sich die | |
EU auf die neue Situation einstellen. Erst einmal gilt es Zeit zu gewinnen. | |
Streit um Luftwaffenstützpunkt Incirlik: Gabriel setzt auf US-Hilfe | |
Zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten ist Außenminister Gabriel in | |
Washington. Kann die USA im Incirlik-Streit mit der Türkei etwas | |
ausrichten? | |
Bundeswehrabzug aus türkischem Incirlik: Gar nicht mal so einfach | |
Sollte die Bundeswehr aus Incirlik abziehen, bräuchte sie dafür nach | |
eigenen Aussagen „einige Monate“. Warum geht das nicht schneller? | |
Türkei verweigert Einreise: Abgeordnete dürfen nicht nach Incirlik | |
Eine Delegation des deutschen Verteidigungsausschusses wollte in die Türkei | |
fliegen. Nach der Absage wird nun ein Abzug der Soldaten wahrscheinlich. | |
Kommentar deutsche Türkeipolitik: Freibrief für Erdoğan | |
Die Doppelbödigkeit der deutschen Standpunkte ermöglicht dem türkischen | |
Präsidenten, seine Politik ohne jeden Kompromiss durchzuziehen. | |
Nach dem Referendum in der Türkei: Keine Zukunft in der EU? | |
Nach dem vorläufigen „Ja“ im Verfassungsreferendum in der Türkei wird üb… | |
Konsequenzen diskutiert. Erdoğan hat derweil die Einführung der Todesstrafe | |
angekündigt. |