# taz.de -- De Maizière zur deutschen Leitkultur: „Pure rechte Stimmungsmach… | |
> De Maizière stellt einen 10-Punkte-Katalog zur deutschen Leitkultur vor. | |
> Kritik kam aus der Opposition: Der Innenminister fische am rechten Rand, | |
> bleibe im Vagen. | |
Bild: De Maizière präsentiert die neue rote Leitkulturfibel | |
BERLIN rts/afp/dpa | Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat einen zehn | |
Punkte umfassenden Katalog zur Skizzierung einer deutschen Leitkultur | |
vorgelegt. „Ich will mit diesen Thesen zu einer Diskussion einladen“, | |
[1][schrieb der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag für die Bild am | |
Sonntag], den das Blatt vorab veröffentlichte. Es gehe dabei um eine | |
Richtschnur für das Zusammenleben in Deutschland. „Wer sich seiner | |
Leitkultur sicher ist, ist stark.“ Es gebe über Sprache, Verfassung und | |
Achtung der Grundrechte hinaus Dinge, die uns im Innersten zusammenhielten, | |
uns ausmachten und uns von anderen unterschieden. | |
Der Innenminister listet in dem Beitrag zehn Aspekte auf, die jeweils ein | |
bis zwei Absätze umfassen. Punkt 1 etwa beginnt de Maizière mit den Worten: | |
„Wir legen Wert auf einige soziale Gewohnheiten, nicht weil sie Inhalt, | |
sondern weil sie Ausdruck einer bestimmten Haltung sind: Wir sagen unseren | |
Namen. Wir geben uns zur Begrüßung die Hand. Bei Demonstrationen haben wir | |
ein Vermummungsverbot.“ Der Punkt schließt mit den Worten: „Wir zeigen | |
unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“ | |
Im Punkt 3 heißt es: „Wir sehen Leistung als etwas an, auf das jeder | |
Einzelne stolz sein kann.“ Punkt 6 beginnt der Minister mit dem Satz „In | |
unserem Land ist Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft.“ In Punkt 7 | |
schreibt er: „Wir haben in unserem Land eine Zivilkultur bei der Regelung | |
von Konflikten.“ Er schließt hier mit dem Satz: „Wir verknüpfen | |
Vorstellungen von Ehre nicht mit Gewalt.“ Im Punkt 9 konstatiert de | |
Maizière: „Wir sind Teil des Westens. Kulturell, geistig und politisch. Die | |
Nato schützt unsere Freiheit.“ | |
De Maizière wirft auch die Frage auf, was mit jenen Menschen passieren | |
solle, die nach Deutschland gekommen seien und eine Bleibeperspektive | |
hätten, eine solche Leitkultur im schlimmsten Fall aber ablehnen würden. | |
„Bei denen wird die Integration wohl kaum gelingen“, schreibt der | |
Innenminister. | |
## Verfrühter Wahlkampf | |
Der Katalog war nicht nur bei der Opposition, sondern teilweise auch in der | |
eigenen Partei auf Kritik gestoßen. Die Opposition warf dem CDU-Politiker | |
vor, mit Blick auf die Bundestagswahl im September Stimmen am rechten Rand | |
fischen zu wollen. SPD und Grüne kommentierten via Kurznachrichten Twitter. | |
SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sprach von „[2][einer peinlichen | |
Inszenierung]“, der Grünen-Politiker Jürgen Trittin von „[3][purer rechter | |
Stimmungsmache]“. Grünen-Chefin Simone Peter will keine Leitkulturdebatte, | |
sondern lieber „[4][eine neue Innenpolitik, die Integration voranbringt], | |
rechte Netzwerke prüft und islamistische Gefährder im Auge hat“. | |
Kritik übte auch FDP-Chef Christian Lindner. „Ich finde, unsere Leitkultur | |
sollte das Grundgesetz sein. Das ist offen für alle“, sagte er dem | |
ARD-Hauptstadtstudio. „Diese Diskussion geht an den echten Problemen in | |
Deutschland vorbei“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den | |
Dortmunder Ruhr Nachrichten am Montag. „Unser Leitbild ist das Grundgesetz. | |
Das gilt ohne Wenn und Aber – und zwar für alle.“ Die Berliner | |
SPD-Politikerin Sawsan Chebli warf de Maizière „gefährliche Stimmungmache | |
gegen Muslime“ vor. „Ich dachte, wir sind weiter“, schrieb sie auf Twitte… | |
Der Aufschrei über eine erneute Debatte über den politischen Kampfbegriff | |
„deutsche Leitkultur“ blieb indes aus. Als der ehemalige | |
Unions-Fraktionschef Friedrich Merz den Begriff zur Jahrtausendwende | |
aufgriff, war der Widerstand in Parlament und Medien außerordentlich | |
lautstark. Der Begriff hatte damals fast das Zeug zum Unwort des Jahres. | |
Selbst aus den eigenen Reihen kam Kritik. Der Zentralrat der Juden in | |
Deutschland sah hinter dem Begriff ein erhebliches Maß an | |
Ausländerfeindlichkeit. | |
1 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/thomas-demaiziere-innenminis… | |
[2] https://twitter.com/tsghessen/status/858628347026432004 | |
[3] https://twitter.com/JTrittin/status/858644910349721601 | |
[4] https://twitter.com/peter_simone/status/858612173001641984 | |
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