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# taz.de -- Armeeverbrechen im Kongo: Der Horror von Kasai
> Die UNO hat in der Kriegsregion Kasai 40 Massengräber aufgespürt – Opfer
> der Armee im Feldzug gegen Rebellen. Untersuchen darf die UNO sie nicht.
Bild: Gebeine in der Provinz Kasai, Kongo, im März 2017
Berlin taz | Mindestens 74 Tote, davon 30 Kinder, alles Opfer der
kongolesischen Armee während eines Einsatzes gegen Aufständische vom 26.
bis März: Diese Art von Nachricht aus der zentralkongolesischen
Bürgerkriegsregion Kasai, vermeldet von den Vereinten Nationen am Mittwoch,
ist inzwischen Alltag.
Was auf die Massaker folgte, müsste aber mehr Aufsehen erregen: Die
Soldaten hätten auf dem Friedhof der Stadt Tshimbulu sowie im Ort Tshienke
17 Massengräber ausgehoben, berichtete die UN-Menschrechtskommission.
UN-Polizisten und Mitarbeiter des UN-Menschenrechtsbüros in der
Demokratischen Republik Kongo fanden die Gräber Anfang April.
Die Zahl der von UN-Mitarbeitern bestätigten frischen Massengräber in Kasai
steigt damit auf 40. Leider sei eine Untersuchung der Grabstätten nicht
möglich, beklagte UN-Menschenrechtskommisar Zeid Ra’ad Al Hussein: „Wir
wiederholen unsere Forderung nach Zugang zu allen Stätten mit Massengräbern
sowie zu allen Zeugen, auch denen in Haft, und zu anderen relevanten
Informationen, die nötig sind, um die Verantwortlichen auf allen Ebenen zu
identifizieren.“
Der Horror von Kasai wird erst allmählich in seinem ganzen Ausmaß sichtbar.
Was im August 2016 als lokaler Konflikt begann, nachdem die Regierung den
designierten neuen traditionellen Chief von Kamuina Nsapu im Distrikt
Dibaya der Provinz Kasai-Central töten ließ, statt ihn anzuerkennen, ist
mittlerweile ein Flächenbrand geworden.
## Wenig internationale Präsenz
Der Ursprungskonflikt gilt zwar als offiziell beigelegt, seit die Familie
des toten Chiefs zu Ostern den Leichnam zurückerhielt und feierlich
bestatten durfte. Aber der Krieg hat sich längst verselbständigt. „Wenn das
Phänomen Kamuina Nsapu so leicht in anderen Gemeinschaften Kasais
übernommen wurde, liegt es wohl daran, dass die anderen Gemeinschaften
dieselben Probleme haben“, analysiert Kongos führende Tageszeitung Le
Potentiel.
Die humanitäre UN-Koordinationsstelle OCHA revidierte vor einer Woche die
Zahl der Vertriebenen in Kasai drastisch nach oben, auf 1,03 Millionen.
Annähernd 2,5 Millionen Menschen seien direkt vom Konflikt betroffen und
benötigten humanitäre Unterstützung, hieß es. Anders als im Ostkongo gibt
es in Kasai nur wenig internationale Präsenz.
Oppositionsvorwürfe, die Armee würde bei der Suche nach Rebellen
systematisch Zivilisten einschließlich Kinder umbringen, erhalten durch die
Berichte über Massengräber neue Nahrung. Nach den neuen Grabfunden
berichteten die UN-Menschenrechtsexperten aus Kasai-Centrals
Provinzhauptstadt Kananga: „Zwischen 28. und 30. März sollen Armeesoldaten
im Stadtteil Nganza mindestens 40 Menschen erschossen haben, darunter 11
Kinder und 12 Frauen, und mindestes 21 weitere verletzt haben. Die meisten
Opfer sollen in ihren Häusern getötet worden sein. Zwei Opfer starben im
Krankenhaus, die 38 anderen sollen von der lokalen Bevölkerung in drei
Massengräbern beigesetzt worden sein. Soldaten sollen auf dem Friedhof
Nganza außerdem eine unbekannte Anzahl weiterer Leichen begraben haben.“
Solche Angaben müssten überprüft werden. Aber das ist lebensgefährlich. Im
März wurden zwei UN-Experten, die ersten Berichten über Massengräber
nachgehen wollten, in Kasai entführt und ermordet – möglicherweise von
staatlichen Sicherheitskräften. Kongos Regierung lehnt jede internationale
Untersuchung in Kasai ab.
20 Apr 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kongo
Kasai
Massengräber
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Afrikanische Flüchtende
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