# taz.de -- 1. Mai in Berlin: Ungewohnt unaufgeregt | |
> Polizei und Senat schauen dem 1. Mai gelassen entgegen. In Kreuzberg soll | |
> es dieses Jahr gleich mehrere Demonstrationen geben. | |
Bild: Auf der 18-Uhr-Demonstration im letzten Jahr | |
Eigentlich, sagt Thomas Neuendorf, eigentlich wünsche er sich ja, dass | |
nicht mehr so ein Hype veranstaltet werde um den 1. Mai, mit | |
Pressekonferenzen und ständigen Berichten – dass „dieser ganze große | |
Aufriss“ mal ein Ende habe. | |
Ungewöhnliche Worte für einen Sprecher der Berliner Polizei, aber dafür | |
gibt es Gründe: Schon seit Jahren hat es in Berlin am 1. Mai keine | |
nennenswerten Ausschreitungen mehr gegeben, die jährlichen | |
Weltuntergangsvoraussagen der Boulevardmedien im vorhinein wirken immer | |
anachronistischer. Einen „fast störungsfreien Verlauf“ nennt Neuendorf das | |
in Polizeisprache, ein „annähernd normales Demonstrationsgeschehen“ – 30 | |
Jahre nach den ersten großen Ausschreitungen in Kreuzberg 1987 erwartet die | |
Polizei auch in diesem Jahr einen ruhigen 1. Mai. | |
Dem ersten 1. Mai unter Rot-Rot-Grün schaut die Polizei also offiziell ganz | |
entspannt entgegen, und auch aus der Senatsverwaltung für Inneres klingt es | |
unaufgeregt: Die genauen Absprachen liefen zwar momentan noch, sagt | |
Sprecher Martin Pallgen, „klar ist aber, dass wir erneut auf das bewährte | |
Einsatzkonzept der letzten Jahre setzen werden.“ Wie viele Polizisten genau | |
im Einsatz sein werden, ist noch unklar – und damit auch, ob die Polizei | |
nicht nur verbal abrüstet und in diesem Jahr tatsächlich weniger als die | |
zunehmend überdimensioniert wirkende Zahl von 6.000 Beamten ins Rennen | |
schickt. | |
Auf die Ankündigung der Veranstalter, die traditionell um 18 Uhr beginnende | |
Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in diesem Jahr unangemeldet | |
durchzuführen, reagiert Neuendorf ebenfalls gelassen: „Wir werden die | |
Demonstration wie sonst auch begleiten, da wird nichts aufgelöst“, sagt er. | |
Vermutlich werde sich vor Ort ein Anmelder finden, doch selbst wenn das | |
nicht der Fall sei, wolle die Polizei die Demonstration laufen lassen: | |
„Alles andere ergibt bei so einer Teilnehmerzahl gar keinen Sinn.“ Letztes | |
Jahr zählte die Polizei rund 13.000, die Veranstalter rund 20.000 | |
TeilnehmerInnen. | |
Die 18-Uhr-Demo soll in diesem Jahr erneut am Oranienplatz beginnen. Die | |
Nichtanmeldung sei kein „besonderer Ausdruck von Militanz“, schreiben die | |
Veranstalter in ihrem Aufruf selbst. Man habe „keine Lust mehr auf | |
leidliche Kooperationsgespräche mit der Polizei“, sondern wolle das Recht | |
auf Demonstration „selbstbestimmt“ wahrnehmen, heißt es, aber auch: „Es | |
geht uns nicht um eine Konfrontation mit der Polizei, sondern um unsere | |
Inhalte.“ | |
Unübersichtlich könnte das Demonstrationsgeschehen in diesem Jahr | |
allerdings so oder so werden: Neben der wie immer um 10 Uhr am Hackeschen | |
Markt startenden DGB-Demo und einer erneut um 13 Uhr in Neukölln | |
stattfindenden maoistischen Demonstration soll es auch in Kreuzberg noch | |
weitere Demonstrationen geben. | |
So wird seit Montag zu einer Demonstration aufgerufen, die um 16 Uhr am | |
Lausitzer Platz starten soll. Dahinter steht der unter anderem aus | |
Palästina- und Kurdistansolidaritätsgruppen bestehende | |
Internationalistische Block, bisher Teil des 18-Uhr-Bündnisses. In einer | |
auf Facebook veröffentlichten Stellungnahme hatte dieser erklärt, auf eine | |
Anmeldung nicht verzichten zu wollen und deswegen eine eigene Demonstration | |
zu organisieren. Ebenfalls für 16 Uhr rufen seit Dienstag mehrere linke | |
Jugendgruppen für eine Jugenddemonstration „als Ergänzung zum | |
Protestgeschehen“ auf, die am Michaelkirchplatz beginnen soll. | |
Inhaltlich werden auf der 18-Uhr-Demonstration voraussichtlich erneut | |
stadtpolitische Themen im Vordergrund stehen, wichtig ist außerdem die | |
beginnende Mobilisierung für die Proteste gegen den G-20-Gipfel, der im | |
Juli in Hamburg stattfinden wird. In ihrem Aufruf solidarisieren sich die | |
Veranstalter außerdem unter anderem mit „Läden im Kiez um die | |
Oranienstraße, die aufgrund ihrer #FreeDeniz-Aushänge von nationalistischen | |
AKP-Mitgliedern angegriffen wurden“. | |
In der Walpurgisnacht wird ebenfalls erneut protestiert: Für 16 Uhr rufen | |
verschiedene Initiativen, darunter das Bündnis Hände weg vom Wedding und | |
die Berliner Obdachlosenhilfe, zu einer am U-Bahnhof Leopoldplatz | |
beginnenden Demonstration auf. | |
19 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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