# taz.de -- Kommentar Referendum in der Türkei: Ein Land sagt Nein | |
> Die Wahlergebnisse waren wohl manipuliert. Die Mehrheit der Türken hat | |
> sich gegen Erdoğan entschieden, doch der will das nicht hören. | |
Bild: Ging hier alles mit rechten Dingen zu? | |
Das Ja hat in der Türkei längst keine Mehrheit. Und es ist falsch, diese | |
Erzählung der regierenden AKP vom vermeintlichen Sieg zu übernehmen. Denn | |
höchstwahrscheinlich [1][stimmte mehr als die Hälfte der Bevölkerung gegen | |
die neue Verfassung] und damit gegen die Einführung des Präsidialsystems, | |
das Staatspräsident Erdoğan mehr Macht einräumen und die Gewaltenteilung | |
endgültig aufheben wird. Über 2 Millionen Stimmen, die ungültig sein | |
müssten, weil nicht behördlich gestempelt, seien mitgezählt worden, | |
erklären oppositionelle Wahlbeobachter*innen. Das sind drei bis vier | |
Prozent. | |
Und in der Tat: Just, als gerade die letzten Wahllokale schlossen, erklärte | |
das Hohe Wahlamt – zum ersten Mal in der Geschichte der Türkei! –, dass | |
auch Stimmzettel ohne behördlichen Stempel gültig seien. Kurz gesagt: In | |
Massen produzierte gefälschte Stimmzettel könnten berücksichtigt worden | |
sein. Auch die Wahlbeobachter der OSZE bemängelten am Montag diese späte | |
Änderung als „Beseitigung wichtiger Sicherheitsvorkehrungen“. | |
Dass die Volksabstimmung vonseiten der Regierung manipuliert werden wird, | |
war abzusehen. Schon die Ja- und Nein-Kampagnen im Vorfeld waren unter | |
ungleichen Bedingungen geführt worden. Menschen, die Nein-Broschüren | |
verteilten, wurden auf der Straße zusammengeschlagen oder verhaftet. Die | |
Opposition wurde aus der TV-Berichterstattung komplett gelöscht, als | |
existiere sie nicht. | |
Doch dass trotz all dieser Beeinflussungen und den gemeldeten | |
Unstimmigkeiten während der Wahl die Ja-Front auf nur 51 Prozent gekommen | |
ist, kann man als deutliches Zeichen dafür lesen, dass die Mehrheit | |
eigentlich für das Gegenteil ist. Dass die Türkei am Sonntag in Wahrheit | |
Nein gesagt hat. Bloß hielt sich Erdoğan dabei die Ohren zu, um noch am | |
Sonntagabend eine vorschnelle Siegesrede zu halten. Wie leicht ihm das | |
Regieren ohne eindeutige Mehrheit fallen wird, bleibt abzuwarten. | |
17 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Analyse-zum-Tuerkei-Referendum/!5401272/ | |
## AUTOREN | |
Fatma Aydemir | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Türkei | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Verfassungsreferendum | |
Präsidialverfassung | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
taz.gazete | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Proteste gegen „Ja“-Votum in der Türkei: Ein Hauch von Gezi-Aufstand | |
Die Wut über den vermuteten Wahlbetrug vermischt sich mit Hoffnung: | |
Tausende Türken demonstrieren in mehreren Großstädten gegen Erdogan. | |
Nach dem Türkei-Referendum: Erdoğan unbeeindruckt von Kritik | |
Innenminister de Maizière will Vorwürfe zum Wahlablauf klären. US-Präsident | |
Trump gratuliert zum Wahlausgang. Der Ausnahmezustand wird verlängert. | |
Cem Özdemir über türkisches Referendum: „Für Erdoğan sind Gesetze biegsa… | |
Das Referendum zeigt: Erdoğan kann unter demokratischen Bedingungen kaum | |
mehr eine Wahl gewinnen, sagt der Grünen-Chef. | |
Türkei-Referendum in Deutschland: Was ist los, Almancılar? | |
Warum stimmen so viele Deutschtürk*innen für Präsident Erdoğans | |
Verfassungsänderung? Unsere Autorin hat sich auf die Suche gemacht. | |
Nach dem Referendum in der Türkei: Noch wollen viele es nicht wahrhaben | |
Hoffnungsvoll, geschockt, frustriert – oder voller Siegesfreude: Das | |
Referendum bestätigt die tiefe Spaltung der Türkei. | |
Analyse zum Türkei-Referendum: Die Macht der anderen 50 Prozent | |
Nach dem Referendum mehren sich die Hinweise auf Manipulationen. Die Türken | |
haben nun zwei Optionen: sich zu fügen oder sich zu wehren. | |
Nach dem Referendum in der Türkei: Weiter per Dekret regieren | |
Die türkische Regierung will den Ausnahmezustand in der Türkei zum dritten | |
Mal verlängern. Die Opposition fordert indessen, den Volksentscheid zu | |
annullieren. | |
Was ist taz.gazete?: Solidarität heißt dayanışma | |
Auf taz.gazete gibt es ab Donnerstag Berichte zur Türkei. Auf türkisch und | |
deutsch – um kritische Stimmen zu stärken, die kaum noch präsent sind. | |
Nach der Wahrheit: Die postfaktische Türkei | |
Mehr als nur politische Rhetorik: Die türkische Regierung betreibt mit | |
Hilfe der Medien eine Politik, die sich um Fakten nicht mehr schert. |