# taz.de -- Kein Geld für Rechtsextreme: Büdingen macht’s vor | |
> Bereits Ende Januar hatte die hessische Kleinstadt der NPD die | |
> Fraktionsgelder gestrichen. Nun entscheidet das Verwaltungsgericht, ob | |
> das rechtens war. | |
Bild: Büdingen braucht nicht: die NPD | |
BÜDINGEN dpa | Wenn es um Rechtsextremismus geht, zeigt das hessische | |
Büdingen gerne mal klare Kante. Die Kleinstadt in der Wetterau setzt ein | |
Verbot von Fackeln bei einem Neonazi-Aufmarsch durch. Oder ändert | |
kurzerhand ihre Satzung, um Mitgliedern der NPD die Fraktionsgelder zu | |
streichen. | |
Dieser deutschlandweit wohl einmalige Schritt war die prompte Reaktion auf | |
das NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar. Am Mittwoch | |
muss der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel jetzt entscheiden, ob | |
die Satzungsänderung Bestand hat – oder nur ein symbolischer Schnellschuss | |
war. | |
Das Vorgehen Büdingens sorgt auch bundesweit für Interesse: Das sei ein | |
bislang „singulärer Fall“, sagt Uwe Lübking, Rechtsexperte beim Deutschen | |
Städte- und Gemeindebund. Vom Gericht erhoffe man sich eine Entscheidung in | |
der Sache. | |
„Um Klarheit zu bekommen, unter welchen Voraussetzungen Kommunen die | |
Möglichkeit haben, Parteien und Fraktionen, die verfassungsfeindliche Ziele | |
verfolgen, öffentliche Gelder zu verweigern.“ Ein Urteil würde zwar | |
zunächst nur einen Präzedenzfall für Hessen bedeuten, doch daraus könnte | |
man durchaus Rückschlüsse für andere Kommunen und Bundesländer ziehen. | |
Das Verfassungsgericht hatte entschieden, dass die rechtsextreme NPD zwar | |
verfassungsfeindlich, aber für ein Verbot derzeit zu unbedeutend sei. Die | |
obersten Richter wiesen in ihrer Begründung auf „andere | |
Reaktionsmöglichkeiten“ hin wie den Entzug der Parteienfinanzierung. Die | |
Länder griffen das kurz darauf auf: Der Bundesrat beschloss am 10. Februar | |
eine Entschließung zum Ausschluss von Parteien mit verfassungsfeindlichen | |
Zielen von der Parteienfinanzierung und sonstigen Leistungen. | |
## Hochburg der NPD | |
Büdingen war mit seiner Satzungsänderung einige Tage schneller: Bereits | |
Ende Januar hatte die Büdinger Stadtverordnetenversammlung dafür gestimmt. | |
Demnach sollen „Fraktionen aus Vertretern erkennbar verfassungsfeindlicher | |
Parteien oder Vereinigungen“ von den sogenannten Entschädigungszahlungen | |
für Fraktionsmitglieder ausgenommen sein. | |
Die NPD, die in dem Kommunalparlament vier Sitze hat, sah darin einen | |
rechtswidrigen Vorgang. Man suche nach dem Urteil des | |
Bundesverfassungsgerichts „krampfhaft nach Möglichkeiten, um der NPD | |
schaden zu können“, teilte die Partei mit – und reichte Klage beim | |
Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) ein. | |
Büdingen gilt als eine Hochburg der NPD in Hessen. Bei den letzten | |
Kommunalwahlen im März 2016 hatte die Partei kräftig Stimmen gefangen – | |
auch weil hier lokale Protagonisten der Partei verwurzelt sind. Die | |
Rechtsextremen holten 10,2 Prozent der Stimmen und vier Sitze in der | |
Stadtverordnetenversammlung. Zuvor, im Januar 2016, hatte ein Aufmarsch von | |
etwa 150 Neonazis – und eine Gegendemo mit mehreren Hundert Teilnehmern – | |
für Schlagzeilen gesorgt. | |
Schon lange kämpft die ländliche Kommune dagegen an, vor allem mit der NPD | |
und Neonazis in Verbindung gebracht zu werden. Allen voran Bürgermeister | |
Erich Spamer (Freie Wähler). Er verweist immer wieder auf das Engagement | |
von Stadt und Bürgern für Toleranz und Vielfalt oder auf das relativ | |
problemlose Zusammenleben mit Flüchtlingen. Das Städtchen beherbergt eine | |
große Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende. Im Stadtparlament gebe es | |
keine Zusammenarbeit mit den NPD-Vertretern, so Spamer vor einigen Monaten | |
in einem Interview. | |
Dass die Stadt mit ihrer Satzungsänderung Neuland betritt, ist dem | |
Rathauschef klar. Man sei „gerne in der Vorreiterrolle“, hatte er kurz nach | |
dem Beschluss gesagt und mit Blick auf den Rechtsstreit angekündigt: „Wir | |
klären das jetzt mal.“ | |
5 Apr 2017 | |
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