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# taz.de -- Migranten-Guide „Europa“: Sind Brezeln halal?
> Es dreht sich nicht nur um europäische Geschichte. Vor allem mit
> praktischen Tipps hilft ein Buch Flüchtlingen beim Ankommen.
Bild: Im September 2015 warten Flüchtlinge auf Bahngleisen an der kroatisch-se…
Wozu sollte man einem Neuankömmling in Deutschland raten? Einem Flüchtling,
der wissen möchte, wo er schnell gutes, günstiges Essen bekommt? Offenbar
gibt es hier an jeder Straßenecke Hamburger, Knödel und Brezeln zu kaufen –
darauf zumindest deuten die Bilder in „Europa – An Illustrated Introduction
to Europe for Migrants and Refugees“. Österreich ist in dem Buch übrigens
bekannt für Fischgerichte, Großbritannien für Backkartoffeln.
Einem Norddeutschen mag eine Brezel vielleicht so fremd sein, wie einem
Syrer, typisch deutsch ist sie trotzdem. Und eine vollständige kulinarische
Karte des Kontinents soll in der Handreichung zu einem Leben in Europa
schließlich auch nicht gezeichnet werden. Es soll vor allem verständlich
und übersichtlich sein.
Eine Gruppe von Journalisten ist verantwortlich für das bereits im November
2016 erschienene Buch, allen voran der deutsche Magnum-Fotograf Thomas
Dworzak. Seit mehr als 20 Jahren ist er in Kriegs- und Krisengebieten
unterwegs, etwa in den 90er-Jahren im ehemaligen Jugoslawien, später im
Irak oder in Afghanistan. 2015 begleitete er Flüchtlinge auf der
Balkanroute in Richtung Norden. Er verstand, dass es oft einfache,
lebensweltliche Fragen sind, die diese sich in Bezug auf Europa stellen:
Wie versichere ich mich? Wie funktioniert der Nahverkehr? Wie bekomme ich
Medikamente in Apotheken? Oder eben: Was gibt es zu essen? Sind die
Gerichte vielleicht sogar halal, also für gläubige Muslime geeignet?
In „An Illustrated Introduction to Europe for Migrants and Refugees“ haben
Dworzak und seine Kollegen sich daran gemacht, diese Fragen zu beantworten.
Über jene praktische Hilfestellung hinaus weisen sie auf die politischen
Situation in verschiedenen Ländern hin, zum Beispiel auf das Erstarken
rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien und darauf, ob Flüchtlingen
Ablehnung begegnet oder ob sie willkommen geheißen werden, für Deutschland
etwa mit einem Bild, das den Schriftzug „Migration is not a crime“ auf
einer Hauswand zeigt, aber auch mit einem anderen mit einem Hakenkreuz.
## Wie ein Guide für Rucksacktouristen
Verknüpft wird das – und das ist eine Besonderheit des Buches – mit der
Geschichte Europas vor allem seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, kurzen
Beschreibungen europäischer Institutionen und mit persönlichen Geschichten
einzelner Europäer – und das auf Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi.
Praktische Tipps, Politik und Geschichte: „Europa“ erinnert an Reiseführer
für Rucksacktouristen wie den berühmten Lonely Planet oder die Rough
Guides, nur dass das Buch sich an eine andere Leserschaft richtet.
„Das Buch ist neu in dem Sinne, dass es Neuankömmlingen hilft und
europäische Geschichte auf eine einende Weise erzählt: also durch die Linse
von Konflikt und Migration“, sagt Lisa De Bode, eine in New York lebende
Journalistin, die an „Europa“ mitgewirkt hat. „Das sind Erfahrungen, mit
denen viele Europäer, alte und neue, etwas verbinden.“
Der Migranten-Guide – das Buch richtet sich vornehmlich an Flüchtlinge,
aber auch andere „Ankommende“ – wurde nicht nur von einer Gruppe
engagierter Journalisten und Fotografen ermöglicht, sondern auch durch eine
Reihe von Stiftungen und anderen Organisationen, darunter The Arab Fund for
Arts and Culture, die Allianz Kulturstiftung, das Flüchtlingshilfswerk der
Vereinten Nationen und nicht zuletzt die Magnum Foundation und Magnum
Photos, die für „Europa“ ihr umfangreiches Archiv zur Verfügung gestellt
haben.
Über die mehr als 500 Seiten verteilen sich Fotografien, die eindrucksvoll
zeigen, dass die Geschichte Europas immer schon eine Geschichte von
Wanderungsbewegungen war: Die Nachkriegszeit, Flucht und Vertreibung, das
geteilte Deutschland, Menschen, die 1949 in Travemünde am Strand lümmeln
und neuere und neuste europäische Geschichte, wie der Anschlag auf die
Redaktion von Charlie Hebdo in Paris oder die Flüchtlinge von heute,
Menschen, die 2015 in Kroatien auf Bahngleisen warten. Es sind diese
Menschen, denen „Europa“ hilft.
2 Apr 2017
## AUTOREN
Philipp Fritz
## TAGS
Emigration
Schwerpunkt Flucht
Halal
Schwerpunkt Flucht
Ungarn
Minderjährige Geflüchtete
Flüchtlinge
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