# taz.de -- Rechtsextremismus in Berlin: Keine Panik! | |
> Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer stehen verstärkt im Fokus rechter | |
> Tätergruppen. Eine neue Broschüre soll Betroffenen helfen, sich vor | |
> Angriffen zu schützen. | |
Bild: Das Anton -Schmaus-Haus in Neukölln: Immer wieder Anschlagsziel | |
Zurzeit sei es ruhig, sagte Bianca Klose, Leiterin der Mobilen Beratung | |
gegen Rechtsextremismus (MBR). 43 Anschläge auf Menschen, die sich in der | |
Flüchtlingshilfe und gegen Rassismus engagieren, sind dem MBR seit Mai 2016 | |
bekannt. Der letzte fand am 9. Februar 2017 statt. Grund, deshalb | |
Entwarnung zu geben, bestehe aber nicht, sagte Klose. Mit Justizsenator | |
Dirk Behrendt (Grüne) stellte sie am Montag eine Broschüre vor, die | |
Betroffenen helfen soll, sich besser zu schützen. | |
Brandanschläge auf Autos, eingeworfene Scheiben, Graffiti an Wohnhäusern – | |
die meisten der vermutlich rechtsextremistischen Anschläge haben in | |
Neukölln stattgefunden, aber auch Kreuzberg, Wedding und Schöneberg waren | |
betroffen. Die Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet. Aber wie | |
2011, als das Neuköllner Vereinsheim der Falken abgefackelt wurde, ist | |
bisher kein Verdächtiger gefasst worden. Klose geht davon aus, dass es sich | |
um „eine Handvoll Täter“ aus dem militanten nationalen Spektrum handelt. | |
Sie hofft auf baldige Ermittlungserfolge, denn nur wegen erhöhten | |
Verfolgungsdrucks sei es zurzeit ruhig. | |
Behrendt rechnet während des Bundestagswahlkampfs mit einer neuerlichen | |
Zunahme rechtsextremistischer Anschläge. Der Rechtsruck in der Gesellschaft | |
und der Zugewinn an Macht für die AfD ermunterten das Spektrum zu Aktionen, | |
bestätigte auch Klose. Menschen, die sich ehrenamtlich für Geflüchtete | |
engagierten, seien verstärkt in den Fokus rechter Tätergruppen gerückt. | |
Die Broschüre, „Wachsam sein!“ soll potenziellen Opfern Handreichungen zum | |
Umgang mit Bedrohungen aufzeigen. Die MBR gibt Tipps, wie man das Risiko | |
minimieren und präventiv tätig werden kann. Empfohlen wird zum Beispiel, | |
die private Adresse zu schützen, abends die Haustür abzuschließen, | |
Fluchtwege freizuhalten und eine Alarmanlage zu installieren. Opfer | |
körperlicher Angriffe sollten sich an die Beratungsstelle Reach Out wenden. | |
„Nicht entmutigen lassen, keine Panik schüren“, so Kloses Fazit. Aber: | |
„Selbst der beste Tipp ersetzt nicht die Solidarität“. | |
Die vorerst letzte Tat war ein Brandanschlag auf das Auto der Galeristin | |
Claudia von Gélieu am 9. Februar. Ihr Ehemann, Christian von Gélieu, war am | |
Montag bei der Pressekonferenz zugegen. In jener Nacht sei seine Frau | |
zufällig aufgewacht, berichtete er. „Wenn der Wind anders gestanden hätte, | |
wäre das Feuer auf das Haus übergesprungen.“ | |
Die Gélieus betreiben in Neukölln die Galerie Olga Benario. Die in den 80er | |
Jahren von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Verband der | |
Antifaschisten (VVN/VdA) gegründete Galerie versteht sich als Forum gegen | |
Rassismus. „Nach der Tat haben wir sehr viel Solidarität erfahren“, sagte | |
von Gélieu. Was er potenziellen Opfern empfehlen würde, fragten ihn | |
Journalisten. „Nicht zurückziehen“, so Gélieu. Denn: Jeder Rückzug aus d… | |
gesellschaftlichen Engagement sei ein Sieg für die rechten Feinde. | |
Broschüre: www.mbr-berlin.de | |
10 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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