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# taz.de -- Kommentar Türkische Verfassungsreform: Das Undenkbare droht
> Alle jüngsten Manöver Erdogans zeigen vor allem eines: Seine Nerven
> liegen vor dem Referendum zur Verfassungsänderung blank.
Bild: Ob Erdogan das „Evet“ noch so sicher ist?
Mit der am Montag [1][in Deutschland beginnenden Abstimmung] über eine
Änderung der türkischen Verfassung hat der Countdown [2][zur Zukunft der
türkischen Demokratie] begonnen. Die zuletzt noch laut gewordenen
Spekulationen über eine Verschiebung oder Absage des Referendums dürften
sich damit erledigt haben. Während in den letzten Tagen nun auch in
Deutschland endlich das Neinlager etwas sichtbarer geworden ist, bleibt es
in der Türkei selbst äußerst spannend.
Dabei ist ein interessanter Schwenk zu beobachten, der das ganze Dilemma
der Erdoğan-Kampagne deutlich macht. Möglich geworden war der Erfolg
Erdoğans bei der Abstimmung der neuen Verfassungsartikel im Parlament nur
dadurch, dass die ultrarechte MHP sich der AKP angeschlossen hatte.
Doch während die MHP-Führung ihre Abgeordneten noch mühsam auf Linie
bringen konnte, klappt das bei der Basis der Partei ganz und gar nicht.
Laut Umfragen wird nur ein Drittel der MHP-Wähler mit Ja stimmen. Die AKP
versucht deshalb jetzt wieder, kurdische Wähler auf ihre Seite zu ziehen,
die sich wegen der Zusammenarbeit mit der MHP abgewandt hatten.
## Die Kurden sollen es jetzt richten
Folglich durften überraschenderweise am 21. März landesweit Newroz-Feiern
stattfinden. Die Polizei duldete sogar, dass in Diyarbakır wesentlich mehr
Transparente mit dem Führer der verbotenen PKK, Abdullah Öcalan, geschwenkt
wurden als auf der zuvor [3][so heftig kritisierten Demo in Frankfurt.]
Zum anderen versammelte Ministerpräsident Binali Yıldırım konservative und
religiöse kurdische Führer um sich und versuchte sie mit Versprechungen für
das Referendum zu ködern. Nun versucht Erdoğan sogar noch einmal aus dem
Europa-Thema Funken zu schlagen, indem er ankündigte, später im Jahr das
Volk darüber abstimmen zu lassen, ob die Türkei den EU-Beitritts-Prozess
fortsetzen soll. Als wenn es dazu noch etwas abzustimmen gäbe, will er
suggerieren, die Türkei könne der EU eine Lektion erteilen.
Doch alle diese Manöver zeigen nur eins: Bei Erdoğan liegen die Nerven
blank. Was lange als undenkbar galt, rückt nun immer mehr in den Bereich
des Denkbaren: In der entscheidenden Abstimmung seines Lebens könnte
Erdoğan verlieren. Der große Führer würde seinen Nimbus verlieren.
26 Mar 2017
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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