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# taz.de -- Präsidentschaftskandidaten in Frankreich: Fillon total in der Defe…
> Neue Enthüllungen des „Canard enchaîné“ und neue Vorwürfe der Justiz:
> François Fillon hat seine politische Karriere verspielt.
Bild: Lichtgestalt Fillon? Das sagt schon lange niemand mehr
Paris taz | Normalerweise hätte sich die Lage des konservativen
Präsidentschaftskandidaten François Fillon zum Guten wenden müssen. Denn
seit Wochenbeginn sprach man vor allem von einer neuen Affäre. Der
sozialistische Innenminister Bruno Le Roux, ein enger Vertrauter von
Staatspräsident Hollande, hatte als Abgeordneter seine beiden Töchter als
parlamentarische Assistentinnen angestellt und generös bezahlt. Eine der
beiden „Praktikantinnen“ war sogar erst 15 Jahre alt.
Fillon hatte hoffen können, dass diese peinliche Affäre der Gegenseite von
ihm und seinem Scheinbeschäftigungsskandal ablenken müsste. Diesen Gefallen
haben ihm die Sozialisten nicht getan. Da die Staatsanwaltschaft eine
Voruntersuchung angeordnet hat, trat Le Roux als Minister unverzüglich
zurück, um die Regierung in keiner Weise zu belasten. Die Regierungspartei
kann sich nun damit brüsten, sie sorge in ihren Reihen ohne Wenn und Aber
für Ordnung.
Hollande, der Le Roux durch den bisherigen Handelsminister Matthias Fekl
ersetzte, forderte von allen hohen Amtsträgern, sie müssten in Sachen
saubere Weste und öffentliche Moral „exemplarisch“ sein. Was er nicht
erwähnte, ist, dass Le Roux bereits der dritte Minister seiner Amtszeit
ist, der wegen Affären zurücktreten musste.
Im Unterschied zu Le Roux beharrt Fillon darauf, trotz der laufenden
Ermittlungen an seiner Kandidatur festzuhalten. Er hat damit sein eigenes
politisches Lager in größte Schwierigkeiten gebracht. Da er nicht auf seine
Nominierung verzichten wollte, konnte seine Partei auch nicht einen
Ersatzmann oder eine Ersatzfrau ins Rennen bringen. Mittlerweile hat
Fillon, der ursprünglich als klarer Favorit galt, viel Terrain verloren, er
liegt mit rund 17 Prozent in den Umfragen weit hinter Emmanuel Macron und
Marine Le Pen (je rund 25 Prozent) zurück.
## „Authentische“ Unterlagen
Zum dümmsten Zeitpunkt für ihn kommen nun noch neue Elemente zum Dossier
François und Penelope Fillon hinzu. Zuerst hatte man noch geschmunzelt, als
von extrem teuren maßgeschneiderten Anzügen die Rede war, die ihm ein
bekannter Afrika-Lobbyist geschenkt hat.
Zudem hat die Satirezeitschrift Le Canard enchaîné Dokumente
veröffentlicht, die vermuten lassen, dass Fillon als Parlamentarier
gleichzeitig gegen Bezahlung für die Erdölgesellschaft Total als Vermittler
bei Putin tätig war. Wem kann man es verdenken, da an ähnliche Kontakte aus
dem Umfeld von Donald Trump erinnert zu werden?
Eine weitere Eskalation kommt jetzt noch von der Justiz, die ihn aufgrund
der bisherigen Ermittlungen zusätzlich des „schweren Betrugs“ und der
Fälschung verdächtigt. Namentlich soll das Ehepaar Fillon Dokumente
gefälscht haben, mit denen der Polizei belegt werden sollte, dass die
Gattin tatsächlich gearbeitet habe. Fillon versichert dagegen, alle
Unterlagen seien „authentisch“. Auch Putin ließ mitteilen, er brauche keine
Vermittler (wie Fillon) für geschäftliche Verhandlungen. Ein echtes Dementi
zugunsten von Fillon ist das nicht. Er ist jetzt total in der Defensive.
Sowohl die Sozialisten wie auch der Außenseiter-Kandidat Nicolas
Dupont-Aignan haben Fillon aufgefordert, seine Kandidatur angesichts dieser
Häufung von Vorwürfen und Verdachtsmomenten zurückzuziehen. Laut der
Verfassung wäre es theoretisch möglich, die Wahl nach dem Ausfall eines
Kandidaten um ein paar Wochen zu verschieben. Die Autoren der Verfassung
hatten eher an einen plötzlichen Todesfall gedacht, aber kaum an ein
politisch suizidales Verhalten.
23 Mar 2017
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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