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# taz.de -- Die Wahrheit: „Und die Panne geht an …“
> Nach dem Oscar-Fiasko: Im Jahr 2017 wird es noch mehr Peinlichkeiten bei
> Preisverleihungen geben. Ein Blick in die Zukunft des Galawesens.
Bild: Die Bambi-Verleihung ist sowieso schon eine einzige Peinlichkeit
Am vorigen Sonntag ereignete sich eine der größten Pannen der
internationalen Preis- und Auszeichnungsgeschichte bei der Verleihung der
Oscars in Hollywood, als aus Versehen der falsche Film zum besten des
Jahres gekürt wurde. Doch wird dieses erschütternde Ereignis im Jahr 2017
nicht einzigartig bleiben, wie ein scharfer Blick in die klare Glaskugel
der Wahrheit beweist.
## Deutscher Filmpreis 28. April 2017
Alles rechnet mit der „Lola“ für Maren Ades Tragikkomödie „Toni Erdmann…
Um so tiefer die Bestürzung im Publikum, als statt dessen „Moonlight“
ausgezeichnet wird. Zum Glück hat Staatsministerin Monika Grütters bemerkt,
dass Laudator Jan Böhmermann bei der Preisverkündung Zeige- und
Mittelfinger der linken Hand hinterm Rücken kreuzte. Wachsende
Erleichterung, als klar wird, dass ein Film mit lauter bettelarmen
Schwarzen die „Lola“ gar nicht gewinnen kann.
Ein Seufzer der Erleichterung geht durchs Palais am Funkturm, als der
richtige Sieger bekanntgegeben wird: „La La Land!“ Til Schweiger erteilt
seinen Segen, Böhmermann steht erneut unter Polizeischutz, und Faye Dunaway
kommt nächstes Jahr vielleicht mal vorbei.
## DOSB-Ethikpreis 11. September 2017
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gibt „mit Freude“ bekannt, wer
sich im vergangenen Jahr „in besonderer Weise um die Förderung der
ethischen Werte im Sport verdient gemacht“ habe. Wegen „hervorragender
Verdienste um fairen Wettbewerb, Transparenz und Nachhaltigkeit“ sowie als
„Anerkennung seines Engagements für Breitensport und verantwortliches
Sponsoring“ erhält den Ethikpreis 2017 kein Minderer als IOC-Präsident
Thomas Bach.
Kurz danach räumt der DOSB einen „unangenehmen Fehler“ ein: Beim Redigieren
der Pressemitteilung sei versehentlich zu viel gelöscht worden. Tatsächlich
habe es heißen sollen: „Den Preis erhält deshalb auf keinen Fall Dr. Thomas
Bach. Sondern posthum Juan Antonio Samaranch.“ Sportminister Thomas de
Maizière munkelt von einem russischen Hackerangriff. Zum Glück geben Sarah
und Pietro Lombardi am folgenden Tag ihre Wiedervereinigung bekannt (mit
Selfies), und die Sache ist rasch vergessen.
## Nobelpreis für Literatur12. Oktober 2017
Nachdem Bob Dylan den berühmtesten Dichterpreis der Welt 2016 zugesprochen
bekam, rechnen Experten und Publikum diesmal mit einer weniger umstrittenen
Entscheidung der Juroren. Weit gefehlt! Der Sprecher der Schwedischen
Akademie zu Stockholm erklärt denReiseschriftsteller und Drehbuchautor Hape
Kerkeling zum Empfänger der diesjährigen Auszeichnung. Irritation und
Kopfschütteln auf der ganzen Erde, nur in Deutschland freut man sich wie
narrisch.
Der Gewürdigte, verkleidet als Horst Schlämmer, tritt vor die Kameras und
Mikrofone und hält eine launige Ansprache: „Datt hätt ich nich gedacht,
datt ich ma in die, nä, Hufabdrücke von Günter Grass und Thomas Mann
stapfen dürfte. Aber ma ehrlich: Jakobsweg und ‚Joseph und seine Brüder‘,
datt iss doch eine Soße.“ In diesem Augenblick teilt das Nobelkomitee mit,
es habe sich vertan. Tatsächlich erhalte den Literaturnobelpreis der
transnistrische Experimentallyriker Ion Popescu. Kerkeling nimmt den Fehler
mit Humor. „So watt geht mir doch am Popescu vorbei“, sagt er und kündigt
an, demnächst sein „Popesiealbum“ zu veröffentlichen: „Dann klappt datt
auch ganz sischer mit dem Nobelpreis, nä!“
## Bambi-Verleihung 18. November 2017
Der Burda-Verlag ruft – und es kommt mal wieder kein interessanter Star,
sondern bloß die übliche Bagage. Der Abend erreicht seinen einschläfernden
Höhepunkt, als die Bambi-Statuette für das „Lebenswerk“ überreicht werden
soll. Laudator Alexander Kluge lässt den Namen des Preisträgers lange
offen: „Dieser Mann hat für das deutsche Fernsehen mehr getan als zehn
Programmdirektionen zusammen, er hat das Bild auf dem Schirm geradezu neu
definiert, und man darf mit Fug behaupten, dass dieser begnadete Auteur für
das Kino unseres Landes die Pionierarbeit eines ganzen Bataillons
verrichtete.“
Jähes Erwachen im Saal, als der Preisredner nach gefühlt zwei Stunden
endlich den Preisträger verrät: „Herzlichen Glückwunsch, zum zweiten Mal
nach 1967 geht der Bambi an Dr. Alexander Kluge!“
Chefverleger Hubert Burda höchstselbst entert die Bühne, um dem greisen
Schalk das goldene Rehkitz zu entreißen. Kluge wird allerdings von sechs
kräftig gebauten Filmhochschülern abgeschirmt. In den entstehenden Tumult
hinein ruft er: „Ach, verflixt, da hab ich mich doch verlesen. Nichts für
ungut! Der Preisträger heißt selbstredend Hape Kerkeling.“
Womit auch die Nobelpreis-Blamage vom Vormonat ein versöhnliches Ende
nimmt. Im Saal fließen Freudentränen, Kerkeling erscheint in seiner
Lieblingsmaske als Königin Beatrix, und Alexander Kluge interviewt sich bis
zum Morgengrauen selbst. Die sechs Filmhochschüler schreiben dazu
verwirrende Zwischentitel (auf RTL).
3 Mar 2017
## AUTOREN
Kay Sokolowsky
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Pathos
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