# taz.de -- Arbeitskampf in Bangladesch: Die Textillobby lenkt ein | |
> Dass die verhafteten Arbeiteraktivisten in Bangladesch freikommen, ist | |
> ein Durchbruch für die Gewerkschaften. Der Streit um Lohnerhöhungen | |
> bleibt. | |
Bild: Werden sie höhere Löhne bekommen? Dazu gibt es noch keine Vereinbarung | |
BERLIN taz | Seit Wochen protestieren internationale Gewerkschaften und | |
Nichtregierungsorganisationen gegen die Festnahme von | |
Arbeitnehmervertretern in Bangladesch. Kurz vor Beginn eines Textilgipfels | |
am Samstag in Dhaka, der Hauptstadt des Landes, lenkten | |
Arbeitgebervereinigungen und Behörden ein. In einer schriftlichen | |
Vereinbarung mit der Gewerkschaft IndustriaALL sagten sie zu, dass | |
inhaftierte Gewerkschafter freikommen und entlassene Fabrikarbeiter wieder | |
eingestellt werden. | |
Mit den Ausschlag für die Kehrtwende gab die Ankündigung einiger | |
internationaler Modefirmen, die Konferenz zu boykottieren. H&M, Next, | |
Tchibo oder Inditex – dahinter steckt unter anderem die Marke Zara – hatten | |
ihre Teilnahme abgesagt. Auch C&A-Vertreter wollten nicht kommen. Man sei | |
besorgt über die Festnahme von Gewerkschaftsmitgliedern und Menschen, die | |
sich für Arbeitsrechte einsetzen, heißt es in einer Stellungnahme des | |
Konzerns. Die Firmenleitung forderte, den Schutz von Arbeitsrechten zu | |
gewährleisten. Man setze auf die Zusammenarbeit von Textilfirmen, den | |
Zulieferern vor Ort, den Behörden und Unterstützerorganisationen. | |
Grund für den Protest sind Repressionen der Arbeitnehmer. Tausende | |
Beschäftigte hatten im Dezember letzten Jahres gegen die Arbeitsbedingungen | |
in den Textilfabriken in Ashulia, einem Vorort von Dhaka, protestiert. Sie | |
forderten unter anderem eine Lohnerhöhung von 5.300 Taka, umgerechnet rund | |
180 Euro, pro Monat. Die Produktion stand still – und die Behörden | |
reagierten scharf. Rund 1.500 Arbeitern und Arbeiterinnen wurde gekündigt, | |
mehrere Gewerkschaftsbüros wurden geschlossen und mindestens 35 | |
Gewerkschafter und Arbeitnehmer festgenommen. | |
Der Gipfel vom Wochenende wird vom Verband der bangladeschischen | |
Textilexporteure BGMEA organisiert und gilt als Aushängeschild der Branche. | |
Eröffnet wurde er von Premierministerin Hasina Wajed, Händler, Lieferanten, | |
Geschäftsleute aus der Textilindustrie präsentierten sich dort. Die Absage | |
vieler Modefirmen werten Experten als fatales Signal an die Textillobby und | |
die Regierung. Die in letzter Sekunde ausgehandelte schriftliche – aber | |
juristisch unverbindliche – Vereinbarung ist für die Gewerkschaften ein | |
Durchbruch. | |
## Lohnerhöhungen werden nicht erwähnt | |
Berndt Hinzmann vom Inkota-Netzwerk bleibt aber skeptisch. „Jetzt müssen | |
die Regierung und die Arbeitgebervereinigungen beweisen, dass sie sich an | |
die Verabredungen halten“, sagt Hinzmann. Für die Freilassung der letzten | |
inhaftierten Gewerkschaftsmitglieder gibt es keine Frist, und die | |
Lohnerhöhungen – das eigentliche Streitthema – werden nicht erwähnt. | |
Auch Franziska Korn von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung spricht nur | |
von einem Teilerfolg. Korn, die für das Landesbüro der Stiftung in | |
Bangladesch arbeitet, betont, dass seit 2013 in der Textilindustrie, vor | |
allem was den Gesundheits- und Sicherheitsschutz angeht, viel passiert sei. | |
Aber das nationale Arbeitsrecht müsse auch mit den ILO-Kernarbeitsnormen | |
konform sein, so Korn. Dazu gehört, die Gründung von Gewerkschaften und | |
deren Arbeit zu erleichtern. | |
Die Regierung Bangladeschs sieht die Textilindustrie nach wie vor als | |
wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes. Premierministerin Wajed zeigte | |
sich auf dem Gipfel dialogbereit, wenn es um Arbeitnehmerrechte geht. Im | |
Vordergrund stehen aber kurze Lieferzeiten und gute Handelsbeziehungen. | |
26 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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