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# taz.de -- Brexit-Debatte in Großbritannien: EU-Bürgerinnen machen mobil
> Anlässlich einer Brexit-Debatte im House of Lords haben EU-Bürgerinnen zu
> einem Aktionstag aufgerufen. Sie fordern Garantien für ihre Zukunft.
Bild: Protest vor dem Parliament Square in London
LONDON taz | Vor dem britischen Parlament steht eine lange Schlange an. Ein
Sicherheitspolizist verrät, dass die Menschen hier darauf warten, zu ihren
Abgeordneten vorgelassen zu werden. In der Menge steht Georgina Tate, eine
31-jährige Britin, sie hat einen griechischen Partner und viele Freunde aus
verschiedenen EU Ländern, sagt sie.
Auch Elke Heckel, eine 53-jährige Hebamme aus Nürnberg, seit 30 Jahren in
London, Maria Marchitelli, 53, aus Italien, seit 22 Jahren Londonerin, und
Jaakkoo Nevasto, 37, aus Finnland und seit 13 Jahren in England, haben sich
vor dem Parlament eingefunden. Einige tragen Sticker mit dem EU-Symbol und
dem Zeichen 3 M. 3 M steht für die 3 Millionen EU-Bürger, die in
Großbritannien leben. Sie alle sind dem Aufruf gefolgt, an diesem Tag ihrer
Arbeit fernzubleiben.
Sie wollen Garantien, dass sie als EU-Bürger auch nach dem Brexit bleiben
können. Sie verlangen Rechtssicherheit über ihren zukünftigen Status. Die
meisten leben seit Jahrzehnten in Großbritannien und mussten sich bislang
nie Gedanken um eine Aufenthaltserlaubnis oder die britische
Staatsbürgerschaft machen. Die Holländerin Désirée Correa, 40, aus der
Region Oxford, hat sogar ihre Kinder mitgebracht, weil es letztendlich um
deren Zukunft gehe.
Doch die meisten Besucherinnen werden ihre Abgeordneten nicht zu Gesicht
bekommen. Georgina Tate erhält immerhin einen einminütigen Anruf der
Sekretärin ihrer Abgeordneten mit der Entschuldigung, sie sei gerade zu
beschäftigt. „Ich schreibe ihr jetzt einen Brief“, sagt sie. Im
Empfangssaal kümmert sich auch Roger Casale um die vielen Menschen. Casale
hat vor vier Jahren die Organisation New Europeans gegründet. „Wir haben
vom Parlament nur Versprechen, aber keine Garantieren“, klagt er. Er
bezeichnet die Unsicherheit als unnötigen emotionalen und psychologischen
Stress für die Menschen.
Zur gleichen Zeit findet im House of Lords eine Debatte zum Brexit statt.
Zahlreiche Vertreter der Labour Party und der Liberaldemokraten betonen
ihre Absicht, über Ergänzungsanträge zum EU-Austritt Garantien für in
Großbritannien lebende EU-Bürger einzufordern.
Die von einem Brexit am stärksten betroffene Gruppe relativ neuer
EU-Migranten aus Polen und Rumänien fehlt hier auffällig. Außerhalb des
Parlaments stehen einige Angestellte einer Reinigungsfirma mit Fahnen.
Wenige sprechen gut Englisch. Die britische Inhaberin der Firma, die anonym
bleiben will, spricht für sie. „Die meisten unserer Angestellten sind
Migranten aus Osteuropa. Wir haben ihnen heute bezahlten Urlaub gegeben,
damit sie die Möglichkeit haben, ihre Position vor dem Parlament zu
erklären. Damit zeigen wir allen, die auf ihre Arbeit angewiesen sind, wie
ein Tag ohne sie aussieht.“
Die Firma ist eine der wenigen, die dem Aufruf eines eintägigen Streiks
gefolgt ist. Viele andere begnügten sich mit kürzeren Aktionen,
beispielsweise mit Twitterfotos von Abteilungen mit und ohne Migranten. So
sieht die Genforschungsfakultät der Universität Leicester relativ leer aus
ohne Migranten.
Nicht weit entfernt vom Parlament sammeln sich am Abend neue Demonstranten.
Unter dem Motto „Stand up to Trump“ protestieren sie gegen die Einladung
des US-Präsidenten zu einem Staatsbesuch. Bis zum Abend haben sich rund
3.000 Menschen eingefunden. Unter den Sprechern sind Labour-Abgeordnete und
Gewerkschafter. Die lautstärkste Reaktion löst die einzige
Grünen-Abgeordnete im Unterhaus, Caroline Lukas, aus: „Wollt ihr Donald
Trump“, fragt sie. Und die Menge brüllt ihr ein lautes Nein zurück.
21 Feb 2017
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Schwerpunkt Brexit
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Migranten
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EU-Kommission
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