# taz.de -- Homophobie in Russland: Ganz alltäglicher Hass | |
> Leider nicht überraschend: Das russische Vermietungsportal MyLinker | |
> schlägt Alarm, wenn sich in einer Stadt zu viele Schwule tummeln. | |
Bild: Verdächtige Aktivität gesichtet | |
Feinde Russlands gibt es so einige, und sie werden, so scheint es, stetig | |
mehr. Einen Spitzenplatz auf der Liste der Hassobjekte belegen seit Jahren | |
unangefochten die Homosexuellen. Ein anschauliches Beispiel für den kruden | |
Umgang mit dieser Minderheit, der nicht anders als pathologisch zu nennen | |
ist, lieferte jüngst [1][die russische Webseite MyLinker]. | |
Hier kann fündig werden, wer im Reich von Wladimir Putin für einen | |
Kurzaufenthalt eine private Unterkunft mieten möchte. Seit Kurzem wird | |
unter der Bezeichnung GayLocator auch ein Extraservice angeboten: Dort ist | |
vermerkt, wie viele Homosexuelle in russischen Städten ihr | |
westlich-dekadentes Unwesen treiben. | |
Als Berechnungsgrundlage dient dabei die Anzahl der Suchanfragen bei Google | |
nach „Porno“ und „Gay Porno“. Für die Stadt Sotschi kommen die | |
Zahlenkünstler auf 6.702 Homosexuelle, was bei 400.000 Einwohnern | |
verständlicherweise erhebliche Gefahren birgt. Deswegen bietet das Portal | |
auch seine nicht näher erläuterte Hilfe an, sich Schwuler zu entledigen, | |
sollten sie bei ihren Aktivitäten zu Höchstform auflaufen. | |
Ein weiterer Feind, den MyLinker ausgemacht hat, ist der westliche | |
Wohnungsvermittlungsdienst Airbnb. Dieser hatte sich erdreistet, | |
Wohnungsbesitzer aus dem Programm zu streichen, die Homosexuelle als Gäste | |
abgelehnt hatten. | |
Das westliche Modell à la Airbnb passe nicht zu Russland, da die | |
Mentalitäten zu unterschiedlich seien, heißt es auf der Webseite. Dort sind | |
auch Kommentare einiger User zu lesen. Sie lassen immerhin den Schluss zu, | |
dass nicht alle ihres Resthirns verlustig gegangen sind. | |
„Zählt doch auch noch betrunkene Popen“, schreibt einer. Und ein anderer: | |
„Ihr tut mir leid. Wie kann man so tief fallen.“ Man kann, und es geht | |
sogar noch tiefer. | |
In Russland werden Homosexuelle tagtäglich gedemütigt, erniedrigt und | |
manchmal einfach totgeschlagen. Warum sich also über ein Portal aufregen? | |
So etwas nennt man Gewöhnungseffekt. Bitter! | |
31 Jan 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://mylinker.ru/ | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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