| # taz.de -- Claudia Roth über die Grünen-Urwahl: „Es gibt keine Verlierer“ | |
| > Die Parteilinke spricht über die strategische Bedeutung der | |
| > Kandidatenkür, das Gewicht verschiedener Parteiflügel und den | |
| > Parteizusammenhalt. | |
| Bild: Es geht nicht um Flügelkämpfe, sondern ums Zusammenhalten – sagt Clau… | |
| taz: Frau Roth, war die Urwahl eine dumme Idee? | |
| Claudia Roth: Nein, die demokratische Beteiligung in einer Partei ist nie | |
| eine dumme Idee. Die Urwahl war ein politisierender, mobilisierender | |
| Prozess, an dem sich immerhin knapp 60 Prozent der Grünen beteiligt haben. | |
| Das war ein gutes Warming-up für eine heftige Auseinandersetzung im | |
| Wahlkampf. Dass das so oder so ausgehen kann, habe ich selbst auch schon | |
| erlebt. | |
| Sie spielen auf Ihre eigene Urwahlniederlage 2012 an. | |
| Ja, und es ist mir wichtig zu sagen: Erstens gehört Schneid dazu, dort | |
| anzutreten, und zweitens gibt es am Ende keine Verlierer. Alle Personen, | |
| die angetreten sind, haben wichtige Funktionen und werden diese weiter | |
| haben. | |
| Aber Toni Hofreiter ist weit abgeschlagen. | |
| So weit abgeschlagen ist er gar nicht. Ich selbst habe nach einem ähnlichen | |
| Urwahlergebnis eines meiner besten Ergebnisse als Parteivorsitzende | |
| bekommen und bin jetzt Vizepräsidentin des Bundestags. Toni Hofreiter ist | |
| als ausgewiesener Ökologe, Klima- und Verkehrsexperte sehr kompetent und | |
| wird jetzt als starker Fraktionschef gebraucht. Und Robert Habeck wird in | |
| Schleswig-Holstein natürlich weiter eine große Rolle spielen. | |
| Trotzdem: Was hat Hofreiter falsch gemacht? | |
| Ich sehe nicht, dass er einen Fehler gemacht hat. Das war ja keine | |
| Abstimmung über Linke und Realos, sondern über Biografien und Personen. Die | |
| Grünen-Mitglieder haben ihre Entscheidung strategisch getroffen und | |
| überlegt, was im Wahlkampf Priorität haben wird. Es gibt derzeit nun mal | |
| heftige Auseinandersetzungen um die Frage, wer zu Deutschland gehört und | |
| wer nicht, um die Frage, wie man auf rechte Ressentiments reagiert. Jetzt | |
| haben wir einen grünen Spitzenkandidaten, der in seiner Biografie die | |
| Geschichte dieses Landes als Einwanderungsland repräsentiert, der für das | |
| bunte Deutschland steht. Dieses Deutschland wollen die Grünen. | |
| Eine Niederlage des linken Flügels können Sie im Ergebnis gar nicht | |
| erkennen? | |
| Niemand sagt jetzt, ein Flügel habe gewonnen, der andere verloren. Wenn die | |
| grünen SpitzenkandidatInnen nur einen Flügel repräsentieren würden, hätten | |
| wir ein Problem. Aber als Führungsperson muss man den gesamten Laden im | |
| Blick behalten und alle mitnehmen. Es ist jetzt die große Aufgabe beider | |
| SpitzenkandidatInnen, zu sagen: Wir stehen nicht für einen homogenen | |
| Block, sondern für eine vielfältige Partei. Alle müssen sich repräsentiert | |
| fühlen. | |
| Wie wollen Sie das im Wahlkampf denn schaffen, wenn die linken Stimmen | |
| fehlen? | |
| Die dürfen eben nicht fehlen. Und die SpitzenkandidatInnen sind keine | |
| Realo-Stimmen, sondern grüne Stimmen. Ein Wahlkampf findet außerdem nicht | |
| im inhaltsleeren Raum statt, sondern auf der Basis von Programmen. Wir | |
| klopfen jetzt mit der gesamten Partei das Wahlprogramm fest. Unser | |
| gemeinsames Ziel ist es, die Große Koalition abzulösen. | |
| Mit der Zielvorgabe Schwarz-Grün? | |
| So ein Quatsch! Mit dem Ziel starke Grüne! Es wäre verheerend, wenn wir | |
| eine Auseinandersetzung in der Frage Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün hätten. | |
| Denjenigen, die jetzt schon von Schwarz-Grün träumen, sage ich: Die CSU ist | |
| von unseren Vorstellungen einer offenen Gesellschaft weit weg. Und | |
| denjenigen, die von Rot-Rot-Grün träumen, sage ich: Wenn Sahra Wagenknecht | |
| glaubt, mit Parolen der AfD Wahlkampf machen zu müssen, ist das nicht gut | |
| für das Klima in unserem Land. Wir haben also auf beiden Seiten eine | |
| schwierige Lage. Jetzt machen wir Grün stark, und danach sehen wir, wo es | |
| Möglichkeiten zur Zusammenarbeit gibt. | |
| 18 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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