# taz.de -- Offene Haftbefehle: Berliner Neonazis abgetaucht | |
> Die Berliner Justiz sucht nach 27 flüchtigen Neonazis. Die | |
> Innenverwaltung beteuert, sich stärker als früher um Rechtsextremismus zu | |
> kümmern. | |
Bild: Manche Rechsextremisten verschwinden tatsächlich – und leben irgendwo … | |
BERLIN taz | Dass untergetauchte Nazis eine echte Gefahr darstellen können, | |
dürfte spätestens seit Bekanntwerden der NSU-Mordserie jedem klar sein. | |
Derzeit sucht die Berliner Justiz nach 27 Rechtsextremen, gegen die 36 | |
Haftbefehle bestehen. Das geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf | |
eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten June Tomiak hervor, die der taz | |
vorliegt. | |
20 dieser gesuchten Personen hätten ihren letzten bekannten Aufenthaltsort | |
in Berlin, heißt es. In vier Fällen wird wegen einer Gewalttat ermittelt. | |
Allerdings geht es nur in einem Fall um eine Gewalttat, die politisch | |
motiviert gewesen sein soll. 2016 gab es der Behörde zufolge keinen | |
Haftbefehl „im Zusammenhang mit einem Terrorismusdelikt“. | |
Die Zahl der offenen Haftbefehle gegen Rechtsextremisten steigt laut den | |
Angaben seit 2013. Allerdings nehme auch die Zahl der vollstreckten oder | |
auf anderem Weg erledigten Haftbefehle in diesem Bereich zu, heißt es in | |
dem Papier. Am Ende blieben die Zahlen in den Erhebungen daher konstant. | |
Nach Bekanntwerden der NSU-Morde gründeten Bund und Länder 2012 das | |
Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum. Auch der Berliner | |
Verfassungsschutz und die Polizei sind daran beteiligt. Ziel sei „der | |
regelmäßige Austausch von Erkenntnissen über rechtsextremistische | |
Bestrebungen, deren Aktivitäten und Vernetzungen“, schreibt die | |
Innenverwaltung. | |
Sie listet in ihrer Antwort weitere Veränderungen auf: Die Zusammenarbeit | |
mit zivilgesellschaftlichen Gruppen sei verstärkt worden. Beim Berliner | |
Verfassungsschutz gebe es nun ein eigenes Referat, das sich ausschließlich | |
mit der Aufklärung des Rechtsextremismus befasse. Die Mitarbeiter würden | |
zudem im Bereich der interkulturellen Kompetenz geschult. | |
„In unserer Wahrnehmung gibt es bei den Behörden tatsächlich eine wachsende | |
Sensibilität für Betroffene rechtsextremer Straftaten“, sagt Michael Trube | |
von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. Allerdings hänge es stark | |
davon ab, mit wem man es gerade zu tun habe. Es gebe nach wie vor | |
Polizisten, die rechtsextreme Schmierereien an Hauswänden nicht als | |
konkrete Bedrohung für die Betroffenen anerkennen würden. | |
Dass die Behörden von 27 gesuchten Nazis nicht wissen, wo sie sich | |
aufhalten, erzeugt bei Michael Trube „ein ungutes Gefühl“: „Jeder | |
Rechtsextreme, dessen man nicht habhaft wird, ist einer zu viel.“ | |
Allerdings gebe es auch genug Rechtsextreme in Berlin, die nicht mit | |
Haftbefehl gesucht würden. „Auch die stellen eine große Bedrohung dar.“ | |
27 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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