# taz.de -- Nachruf Ari Rath: Zwischen Wien und Jerusalem | |
> Er war ein wacher Teilnehmer des Weltgeschehens: Der Journalist und | |
> frühere Chef der „Jerusalem Post“, Ari Rath, ist mit 92 Jahren gestorben. | |
Bild: Spät versöhnte er sich mit seiner Heimat Österreich: Ari Rath | |
Am frühen Freitagmorgen ist in Wien Ari Rath gestorben, nur eine Woche nach | |
seinem 92. Geburtstag. Rath war seinen vielen Freunden und wahrscheinlich | |
all denen, die ihm je auch nur ein wenig ausführlicher begegnet sind, ein | |
wunderbarer Mensch. Journalist von Beruf, 31 Jahre tätig für die Jerusalem | |
Post, davon 18 Jahre lang als deren Chefredakteur und Herausgeber, solange | |
sie noch eine liberale, angesehene Zeitung war. Mit ihrem Rechtsruck wollte | |
er nichts zu tun haben und schied 1989 aus. | |
Ein sehr wacher Teilnehmer des Weltgeschehens war Ari Rath, und das war ein | |
Glück, denn als die Welt, in der er lebte, ihr dunkelstes Kapitel | |
aufschlug, entkam er, weil er ahnte, was kommen könnte. 13 Jahre alt war er | |
da, ein Junge im 9. Wiener Bezirk, seine Lebenswelt die Porzellangasse, der | |
Spielplatz im Liechtensteinpark. Er sah die Uniformen, die Hakenkreuze, ein | |
Schild am Spielplatz: „Zutritt für Juden verboten“. | |
Für ihn und seinen Bruder Maxi der Moment, in dem sie, Jungen aus | |
großbürgerlichem Hause, der Vater Papiergroßhändler, ihr Land verlassen | |
mussten. Einen Kindertransport nach Palästina erreichten sie, mit der „MS | |
Galiläa“ nach Haifa. Zurück ließ Ari Rath seine Kindheit, er erzählte von | |
einer Märklin-Eisenbahn im Kinderzimmer. Sie blieb, er musste weg. | |
Er hat dann das Land, das ihm sicherer Ort wurde, mit aufgebaut. Sein | |
Bruder und er schworen sich, nur noch Hebräisch zu sprechen. Der Neuanfang, | |
ganz entschlossen. Für die zionistische Jugendbewegung engagierte er sich, | |
ging in die USA, begann 1957 seine Karriere als Journalist in Jerusalem und | |
zählte zum engsten Kreis um Staatsgründer David Ben-Gurion. Er wollte, dass | |
dieser Staat Israel ein guter Staat wird; vor allem einer, der | |
funktioniert, weil er nötig ist. Er hat, bis zuletzt, die Hoffnung auf eine | |
Zwei-Staaten-Lösung nicht aufgegeben, auch wenn ihm manche Entwicklung dort | |
fremd geworden ist. | |
Von 2011 an gab es eine erneute Wendung in seinem Leben, die | |
Wiederannäherung an Wien, an Österreich. Er hatte nie von dem Land lassen | |
können, das ihn einst nicht hatte haben wollen. Ein längerer | |
Krankenhausaufenthalt aber führte dazu, dass er nach einer Vortragsreise | |
bleiben musste – und dann eigentlich auch zurückkehrte. Eine Wohnung nahm | |
er sich und verbrachte immer weniger Zeit in Jerusalem. Nun ist er in Wien | |
gestorben, beerdigt werden wird er in Jerusalem. So war es sein Wunsch. | |
Lebe wohl, Ari! | |
13 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Felix Zimmermann | |
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