# taz.de -- Dreikönigstreffen der FDP: Optimismus als Provokation | |
> Die Partei will 2017 wieder in den Bundestag und umwirbt deshalb die | |
> Mitte. Momentan stehen die Chancen nicht mal schlecht. | |
Bild: Motiviert: der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner | |
Stuttgart taz | Genau aufs Stichwort des Parteivorsitzenden wird das | |
Bühnenbild in der Stuttgarter Oper gewechselt. Gelb auf rosa erstrahlt ein | |
übergroßes „DU“ auf dem Bühnenhintergrund. Die FDP mache nicht Politik f… | |
ein abstraktes „Wir“, sondern für jeden Einzelnen. Individuum statt | |
Gemeinschaft. Offener kann man das Credo der Liberalen kaum auf den Punkt | |
bringen. „Recht auf Wachstum“, Leistungsgesellschaft statt üppigem | |
Sozialstaat, Freiheit statt Verboten, Gesetze wirkungsvoll anwenden, statt | |
immer neue zu beschließen. | |
Mehr als eine Stunde dekliniert Christian Lindner die liberalen | |
Glaubenssätze beim traditionellen Dreikönigstreffen im Stuttgart herunter. | |
Am Schluss kommt der FDP-Chef zu der wenig überraschenden Erkenntnis, es | |
gebe eben nur eine liberale Partei in Deutschland und die müsse wieder in | |
den Bundestag. | |
Neun Monate vor der Bundestagswahl stehen die Chancen für die FDP nicht | |
einmal schlecht. Nach den Umfragetiefs der vergangenen Jahre haben | |
erfolgreiche Landtagswahlen in Bremen, Hamburg, [1][Baden-Württemberg] und | |
[2][zuletzt Berlin] den Liberalen Auftrieb gegeben. Bundesweit liegt die | |
Partei derzeit bei 5 bis 6 Prozent. | |
Misserfolge wie in Sachsen-Anhalt, wo es die Liberalen nicht ins Parlament | |
schafften, werden am Dreikönigstag dezent verschwiegen. Wie sagt Lindner | |
später: „Nichts ist so provozierend wie unser Optimismus.“ | |
Aber wer ist nun dieses „Du“, für das die FDP wieder Politik machen will | |
und das sie wählen soll? Lindners Antwort: „Die Mitte, die eigentlich alle | |
von SPD bis CSU im Visier haben.“ Die Mehrheit der Gesellschaft komme im | |
politischen Diskurs nicht mehr vor. Da ginge es nur noch um Flüchtlinge | |
oder Spitzenverdiener. „Die Leute wollen einen Staat, der sie in Ruhe | |
lässt, aber bei den großen Lebensrisiken nicht im Stich.“ | |
Und so wendet er sich gegen Vermögensteuer, Fusionen von | |
Einzelhandelsketten, gegen den Mindestlohn und seine bürokratischen Folgen. | |
Unterstützt wird gerade diese Politik aber offenbar eher von | |
Spitzenverdienern – zum Beispiel dem BASF-Aufsichtsratschef Jürgen | |
Hambrecht und dem Kettensägen-Hersteller Hans Peter Stihl, die an diesem | |
Tag bei der FDP in der ersten Reihe Platz genommen haben. | |
## Ein Schicksalsjahr | |
Und mit welchem Partner will die FDP ihren Liberalismus künftig | |
durchsetzen? Ein Mal hätte man das Regieren mit Merkel ja schon hinter | |
sich, sagt Lindner mit resignativem Unterton. Und als Mann der starken | |
Sprüche hat der FDP-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag Hans-Ulrich Rülke | |
eine Koalition mit der Kanzlerin vorab schon mal ausgeschlossen. Rülke war | |
es auch, der im letzten Jahr Koalitionsgespräche mit Kretschmanns Grünen | |
abgelehnt hat. „Man habe auf Dienstwagen verzichtet“, sagt Rülke. | |
Andererseits kann der Wähler mit einer derart charakterstarken FDP auch | |
nicht sicher sein, eine weitere Große Koalition zu verhindern. Zu einem | |
Wahlversprechen lässt sich Lindner dann aber doch hinreißen: Ob es um | |
Stabilitätskriterien des Euro oder die Flüchtlingspolitik gehe, auf eines | |
könne man sich verlassen: „Die FDP werde im Bundestag keiner weiteren | |
Verletzung von EU-Regeln zustimmen.“ 2017 sei womöglich ein Wendejahr, | |
warnt Christian Lindner. Für die Welt und Europa. | |
Für die FDP ist es ein Schicksalsjahr. Was ihr drohen könnte, wenn es im | |
September wieder nicht für den Bundestag reicht, konnte man am Morgen vor | |
dem Opernhaus besichtigen. In der Januarkälte verteilten dort Mitglieder | |
der Piratenpartei Flugblätter an die Liberalen. Ja, es gibt sie noch, die | |
Piraten. Aber kaum einer merkt es. | |
6 Jan 2017 | |
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## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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