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# taz.de -- Kommentar Anschlag in Istanbul: Erdoğan lenkt von sich ab
> Faktisch hat Erdoğan in der Türkei schon längst die Alleinherrschaft
> inne. Doch nicht einmal er scheint die Lage kontrollieren zu können.
Bild: Für viele TürkInnen ist die Situation in ihrem Land aussichtslos
Mitallem Nachdruck, bis zum endgültigen Sieg, werde man den Terror
gnadenlos bekämpfen. Diese martialischen Worte äußerte Präsident
Erdoğan[1][nach dem neuerlichen Anschlag in Istanbul], doch sie wirken
längst wie eine Routineübung, die nicht mehr darüber hinwegtäuschen kann,
dass die türkische Regierung dem Terror ohnmächtig gegenübersteht – auch
weil sie ihre eigenen Sicherheitskräfte durch „Massensäuberungen“
systematisch geschwächt hat.
Selbst vor obskuren Verschwörungstheorien schreckt Erdoğannicht zurück, um
von seiner Verantwortung abzulenken: In seiner Neujahrsbotschaft noch vor
dem Anschlag sprach er davon, dass der Terror nur das sichtbare Zeichen sei
und dass die Angriffe in Wahrheit von dunklen Mächten ausgingen, die den
Aufstieg der Türkei verhindern wollten.
Das Orakeln über dunkle Mächte ist nicht neu, doch diese Verbalattacken
sollen nur vertuschen, dass der Terror in der Türkei ganz klare Ursachen
hat. Die PKK bombt, seitdem Erdoğannach der verlorenen Wahl im Juni 2016
die Friedensverhandlungen mit der kurdischen Guerilla für beendet erklärt
hat; und der IS verübt seine Terror-Attentate, weil Erdoğandie Türkei aus
machtpolitischen Erwägungen immer tiefer in den Sumpf des syrischen Krieges
manövriert hat. Solange sich an dieser Politik des türkischen „Führers“
nichts ändert, werden auch die Terroranschläge nicht enden.
Ein Land in Angst, so könnte ErdoğansKalkül sein, wäre vielleicht eher
bereit, einem autoritären Präsidialsystem zuzustimmen, weil sich eine
Mehrheit dann nach Stabilität und Sicherheit sehnt. Doch dieses Kalkül
könnte auch danebengehen. Schon jetzt besitzt Erdoğanfaktisch die
Alleinherrschaft. Dennoch nimmt die Gewalt ständig zu. Viele Wähler könnten
daher daran zweifeln, ob der starke Mann überhaupt noch in der Lage ist,
den Terror zu stoppen, ob mit Exekutivvollmachten oder ohne.
Viele Türken, vor allem die säkulare westlich orientierte Mittelschicht,
verzweifeln längst an der aussichtslosen Lage. Sie wollen nur noch weg. Die
ohnehin schlechte wirtschaftliche Lage verschärft sich dadurch weiter, und
die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller. Die Aussichten für 2017
legen nahe, dass niemand, auchErdoğannicht, die Entwicklung noch
kontrollieren kann.
1 Jan 2017
## LINKS
[1] /Angriff-auf-Nachtclub-in-Istanbul/!5370315/
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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