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# taz.de -- Verfassungsreform in der Türkei: Erdoğan kommt voran
> Das türkische Parlament hat zugestimmt, über eine Verfassungsreform zu
> debattieren. Zwei Parteien laufen Sturm gegen Erdoğans Vorhaben.
Bild: Viele leere Sitze: der Parlamentssaal in Ankara
Istanbul dpa | Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan ist seinem
Ziel [1][der Einführung eines Präsidialsystems] einen wichtigen Schritt
näher gekommen. Das Parlament in Ankara stimmte in der Nacht zu Dienstag
für eine Annahme der Debatte über die dazu notwendige Verfassungsreform,
wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Demnach sprachen
sich 338 von anwesenden 480 Abgeordneten dafür aus. Mindestens 330
Ja-Stimmen waren für die Eröffnung der Diskussion nötig.
Das Vorhaben der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, die über 316
Sitze im Parlament verfügt, erhielt damit Unterstützung aus Reihen der
Opposition. Im nächsten Schritt wird über jeden der 18 Artikel in der
Reform einzeln beraten und abgestimmt. In zwei Runden kommt es dort
voraussichtlich über die Dauer von rund zwei Wochen zu Beratungen und zu
mehreren Abstimmungen.
Zum Schluss folgt die letzte Abstimmung im Parlament über das Gesamtpaket.
Dieses besteht aus allen Artikeln, die in den vorherigen Einzelabstimmungen
die jeweils notwendige Dreifünftel-Mehrheit erzielten. Auch beim
Gesamtpaket gilt: Mindestens 330 der 550 Abgeordneten müssen mit Ja
stimmen.
Danach wird der vom Parlament verabschiedete Vorschlag zur
Verfassungsänderung Erdoğan vorgelegt. Wenn er ihn unterzeichnet, wird er
im Amtsblatt veröffentlicht. Am ersten Sonntag nach Ablauf von 60 Tagen
nach der Veröffentlichung findet eine Volksabstimmung statt. Erzielt das
Referendum eine einfache Mehrheit, ist die Reform angenommen. Die Regierung
rechnet im Frühjahr mit einer solchen Volksabstimmung.
## Angst vor einer „Diktatur“
Ministerpräsident Binali Yildirim warb für die Reform. Sie würde gut sein
für die Region, sagte er laut Anadolu den Abgeordneten. „Die Türkei hat
bedeutsame Verantwortung in der Region. Deshalb müssen wir leistungsstark
sein und große politische Stabilität haben. Das werden wir mit dieser
Verfassungsänderung erreichen.“
Die Verfassungsreform ist jedoch hochumstritten, weil sie Staatspräsident
Erdoğan deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen würde.
Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, unterstützt das
Vorhaben, in der Partei regt sich aber auch Widerstand dagegen. Die beiden
anderen Oppositionsparteien – die Mitte-Links-Partei CHP und die
pro-kurdische HDP – laufen Sturm gegen die Reform. Sie befürchten eine
„Diktatur“ in der Türkei.
Der Präsident wird bei Annahme der Reform nicht nur Staats-, sondern auch
Regierungschef. Das Amt des Ministerpräsidenten entfällt. Der Präsident
kann Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen, die mit Veröffentlichung im
Amtsblatt in Kraft treten. Eine nachträgliche Zustimmung durch das
Parlament – wie im derzeit geltenden Ausnahmezustand – ist im Entwurf nicht
vorgesehen.
Erdoğan war von Anfang 2003 bis August 2014 Ministerpräsident der Türkei.
2014 wurde er zum ersten direkt vom Volk gewählten Staatspräsidenten des
Landes. Seitdem strebt er die Einführung eines Präsidialsystems an.
10 Jan 2017
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