# taz.de -- Serienhighlight aus Frankreich: Mit Spliff und doppeltem Boden | |
> In der Arte-Serie „Cannabis“ dreht sich alles um die namengebende | |
> Pflanze. Sie geht mit ihren komplexen Figuren doch weit darüber hinaus. | |
Bild: Drogenbaron El Feo (Pedro Casablanc) stattet Anna (Kate Morgan) einen bö… | |
Es dauert knapp 90 Minuten, bis in „Cannabis“ (Donnerstag, 21:45 Uhr, Arte) | |
der erste und einzige Joint der Serie gebaut und auch geraucht wird, das | |
ist kurz vor Ende der zweiten Folge. Die titelgebende Pflanze in der | |
französischen Arte-Produktion erweist sich als klassischer MacGuffin – | |
alles dreht sich um sie, doch als Sujet ist sie genaugenommen austauschbar. | |
Denn eigentlich geht es in „Cannabis“ um das Beziehungsgeflecht der Figuren | |
in einer heruntergekommenen Pariser Banlieue – zwischen denen, die das Zeug | |
verkaufen oder verkaufen lassen, und jenen, die unter genau diesen | |
Verhältnissen leiden oder sich entscheiden, sich dagegen zu wehren. Erstere | |
sind die Männer, Letztere die Frauen; meistens sind sie Teil derselben | |
zerbrochenen Familie. | |
Doch das Geflecht führt weiter. In Marbella, der spanischen Küstenstadt, | |
Urlaubsort der Schönen und Reichen und Anlaufpunkt für die Lieferung von | |
jährlich tausenden Tonnen Haschisch aus Marokko, sitzen die Drogenbosse und | |
ihre Handlanger. Ein nächtlicher Überfall auf eines ihrer Schiffe führt zu | |
erheblichen Irritationen, von deren Auswirkungen die sechs Episoden von | |
„Cannabis“ erzählen. | |
„Als ich die Bücher für die ersten vier Folgen gelesen habe, war ich sofort | |
von den Charakteren begeistert“, erläutert Regisseurin Lucie Borleteau die | |
Entscheidung, nach ihrem auf dem Filmfestival von Locarno ausgezeichneten | |
Spielfilmdebüt „Alice und das Meer“ die Arte-Serie zu inszenieren. | |
„Besonders der Drogenbaron El Feo hatte es mir angetan, denn er ist eine | |
Figur, wie wir sie uns im französischen Arthouse-Kino niemals trauen würden | |
zu schreiben. Er ist so böse, so faszinierend, so shakespearehaft. | |
Das Arthouse-Kino ist in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend, dagegen sind | |
Teile der Serie geradezu barock angelegt“, erklärt sie im Rahmen der | |
Französischen Filmwoche in Berlin und weiter: „In ‚Cannabis‘ haben alle | |
Charaktere – auch die kleinen – eine Doppelbödigkeit, und damit meine ich | |
kein dunkles Geheimnis oder ähnliche Taschenspielertricks. Sie sind | |
komplex, sie sind menschlich, sie aktivieren unsere Empathie.“ | |
Die Regisseurin inszeniert die Welten von „Cannabis“ selbstbewusst und | |
stilsicher: das realistische Sozialdrama der Vorstadt-Gangster Morphée und | |
Shams, aber auch von Großmutter Djemila und der jungen Bürgermeisterin | |
Zohra Kateb, die der Drogenkriminalität den Kampf angesagt hat, auf der | |
einen und das Mafiadrama um den brutalen Drogen-King El Feo sowie Anna, | |
Frau seines verschwundenen Geschäftspartners Farid, der keine Wahl bleibt, | |
als dessen Nachtclub und dunkle Geschäfte weiterzuführen, um nicht | |
unterzugehen, auf der anderen Seite. | |
Die scheinbare Leichtigkeit, mit der die Serie diese Seiten zusammenführt, | |
macht „Cannabis“ zu einem der europäischen Serienhighlights des Jahres und | |
bietet in der Flut der US-Pay-TV-Produktionen angenehme Abwechslung. | |
8 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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