# taz.de -- Kommentar Hinterbliebenengeld: Weil Trauer schmerzt | |
> Die Große Koalition legt einen Gesetzesentwurf zum Schmerzensgeld für | |
> Angehörige vor. Man fragt sich nur, warum es so lange gedauert hat. | |
Bild: Die deutsche Rechtsordnung bot Trauernden bisher nur Ignoranz, kein Mitge… | |
Wenn ein nahestehender Mensch stirbt, kann kein Geld den Verlust aufwiegen. | |
Den Wert eines Menschen exakt zu beziffern wäre zynisch. Das ist aber kein | |
überzeugender Grund, überhaupt kein Schmerzensgeld für Angehörige | |
vorzusehen. Es ist deshalb zu begrüßen, dass die Koalition sich nun – kurz | |
vor Abschluss der Wahlperiode – doch noch auf einen Gesetzentwurf geeinigt | |
hat. | |
In vielen Ländern Europas gibt es bereits ein Angehörigen-Schmerzensgeld. | |
Deutschland ist hier eher Nachzügler. Auch deshalb ist es für die | |
Hinterbliebenen zusätzlich verstörend, wenn sie erfahren, dass die Trauer | |
um einen geliebten Menschen in Deutschland beim Schadensersatz keine Rolle | |
spielt. Die Rechtsordnung bietet hier bisher nur Ignoranz, kein Mitgefühl. | |
Die Lufthansa hat nach dem Germanwings-Absturz in Frankreich den | |
Hinterbliebenen je 10.000 Euro angeboten. Das war reine Kulanz – die | |
PR-Maßnahme eines Unternehmens, das um seinen Ruf kämpft. Der private | |
Verursacher eines Verkehrsunfalls wird in der Regel jedoch nicht freiwillig | |
bezahlen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Im Übrigen fanden auch viele | |
Hinterbliebene des Germanwings-Unglücks die angebotene Summe beschämend | |
niedrig. | |
Eine gesetzliche Regelung wird nun aber auch keine amerikanischen Zustände | |
mit spektakulären Millionen-Urteilen herbeiführen. Das geplante neue | |
Hinterbliebenengeld wird sich sicher in die Dimensionen der bei uns | |
üblichen Schadenersatz- und Schmerzensgeldsummen einfügen. Es geht also | |
höchstens um einige Zehntausend Euro. Verglichen mit dem derzeitigen | |
Zustand, bei dem gar kein Anspruch besteht, ist das ein großer und nicht | |
nur symbolischer Fortschritt. | |
Man fragt sich nur, warum es so lange gedauert hat. Selbst nach dem | |
Germanwings-Absturz im März 2015, als alle eine schnelle Reaktion des | |
Gesetzgebers versprachen, ist erst mal nichts passiert. | |
28 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Gesetzentwurf | |
Große Koalition | |
Tod | |
Schmerzensgeld | |
Schwerpunkt Stuttgart 21 | |
Schadensersatz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gesetzentwurf zum Hinterbliebenengeld: Endlich entschädigt | |
Hinterbliebene haben bald Schmerzensgeld-Anspruch, falls ein Angehöriger | |
durch Verschulden eines anderen getötet wird. Zahlen soll der Verursacher. | |
Verletzte bei Stuttgart-21-Protesten: Schmerzensgeld, aber keine Reue | |
Ba-Wü will die Opfer des Schwarzen Donnerstags entschädigen, bleibt aber | |
uneinsichtig: Das Land hält an der Mitschuld der Betroffenen fest. | |
Gericht erkennt Schadenersatz zu: Rollifahrerin kennt doch Schmerz | |
Vor sechs Jahren verunglückte eine Frau in Ratzeburg auf einem Parkplatz | |
für Behinderte. Bis die Stadt ihr Schadensersatz zahlen muss, war es kein | |
leichter Weg. |